Aufgelesen:
Zitat:
Old Shatterhand dagegen, heiterem Naturells und ungewöhnlich menschenfreundlich, gab ihnen, sogar dem Neger, die Hand.
(aus 'Der Sohn des Bärenjägers')
Das hier ist eine der Stellen, bei denen mir Old Shatterhand / Karl May als wenig sympatisch erscheint.
Nein, ich meine nicht, weil er dem Neger die Hand gibt. Sondern ich meine das kleine Wörtchen "sogar". Ist es denn eine Herablassung des Weißen, dem Schwarzen die Hand zu geben? Und das noch dazu in einer Jugenderzählung, womit ein Überlegenheitsgefühl des Weißen gegenüber anderen manifestiert wird?
In diesem Kontext gibt es in dem Roman ja auch die Szene, in der Bob vom Skunk angespritzt wird. Er wird darauf ausgegrenzt und (u.a. vom Hobblefrank) übel beschimpft. Dass der Geruch die Ursache dafür ist und nicht etwa Rassismus, das ist mir schon klar, nur hätten das seine Gefährten ihm auch anderweit, v.a. kameradschaftlich, rüberbringen können. Das hätte auch auf die Zielgruppe des Romans, die Jugend, eine bessere erzieherische Wirkung gehabt. Das Bob ein ebenso tapferer und kämpferischer Gefährte wie die weißen Westmänner und die Indianer ist, spielt in dieser Szene keine Rolle mehr.
Die Krönung des Ganzen ist, dass Old Shatterhand Bob sogar mit angelegtem Gewehr vom gemeinsamen Lagerplatz fernhält. Die erklärende Formulierung in der Szene, dass er ja nicht wirklich geschossen hätte, macht das nicht besser. Ein Mensch, der ein Gewehr auf sich gerichtet fühlt, wird das immer als Bedrohung empfinden. In den Kopf des Menschen, der mit dem Gewehr droht, kann er ja nicht hineinsehen.
Also: Mr. Shatterhand, das war kein Heldenstück.
Aber immerhin, am Ende des Romans doch noch die positive Belehrung der Leser durch den Schriftsteller:
Eine schallende Ohrfeige für die andern Westmänner, allen voran Old Shatterhand. (Ob letzteres Karl May bewusst war?)Baumann, der Bärentöter, zu dessen Befreiung der Zug unternommen worden war, hatte den Hobble-Frank an sein Herz gezogen. Beide weinten heiße Freudenthränen.
»Dir, du treuer Mensch, habe ich gewiß zum größten Teile meine Rettung zu verdanken,« sagte der Bärentöter. »Wie aber ist es dir möglich gewesen, eine so große Schar meiner Befreier zusammenzubringen?«
Frank wies alles Verdienst von sich ab, machte ihn darauf aufmerksam, daß man jetzt keine Zeit zu langen Erzählungen und Erklärungen habe, und schloß daran, indem er flußabwärts deutete, den Fingerzeig:
»Dort kommen andere, welche viel mehr Dank verdienen als ich. Ich habe weiter nichts als meine Pflicht gethan.«
Baumann sah seine fünf Gefährten, welche mit ihm von den Sioux gefangen genommen worden waren, kommen. Vor ihnen ritten Martin, sein Sohn, Wohkadeh und Bob. Er eilte ihnen entgegen. Als der Neger seinen Herrn erblickte, sprang er vom Pferde, lief auf ihn zu, sank vor ihm auf die Knie (...)
Baumann hob ihn auf und wollte ihn in die Arme ziehen. Bob aber wehrte sich dagegen und erklärte:
»Nein, Massa, nicht umarmen Masser Bob, denn Bob haben getötet schlimm Stinktier und sein noch immer nicht ganz gut von Geruch.«
»Ach was, Stinktier! Du bist zu meiner Rettung ausgezogen, und ich muß Dich umarmen!«