Hi Marlies!
"Karl May reist zu den lieben Haddedihn" - allzu viele Jahre sind schon vergangen, seit ich den Film gesehen habe; ich erinnere mich nur noch vage, so daß ich mir heute keinerlei Urteil darüber anmaßen darf. Genau weiß ich allerdings noch, daß mich seinerzeit Peter Sodann als Karl May beeindruckt hat. Worum geht es in dem Film? Die KMG-Nachrichten 117 vom September 1998 gehen auf diese Frage ein. Ich zitiere ausführlich:
Karl May reist zu den lieben Haddedihn
Dies ist der Titel eines Filmes von Erich Loest und Peter Sodann als Karl May. Das ZDF sendete am 23.8.98 um 23.25 Uhr einen 55 Minuten langen Film, bei dem Erich Loest Buch und Co-Regie übernommen hat, die Regie und Redaktion hat Dr. Wolfgang Lörcher, Abt. Literatur und Kunst. Dazu verteilte die Pressestelle folgenden Text: "Sand, Sand, hunderte Male habe ich ihn beschrieben. Tuaregs ritten an, ich wachte auf einer Düne, den Rappen Rih, das wunderbarste Pferd, zwischen den Schenkeln". Karl-May-Fans werden wissen, was gemeint ist: Der Rappe Rih ist das Wunderpferd Karl Mays, das dieser ebenso erfand wie seine Reisen. Oder doch nicht? Der diesjährige Stadtschreiber des ZDF, 3sat und der Stadt Mainz, der Schriftsteller Erich Loest, hat über Karl May und diese Frage zusammen mit dem ZDF einen Film gemacht, sein "Elektronisches Tagebuch". Dieser Film geht zurück auf Motive seiner im Jahre 1980 geschriebenen Biographie über Karl May unter dem Titel "Swallow, mein wackerer Mustang". Inhalt des Films sind Orientreisen, die Karl May in zwei Etappen, teilweise allein, teilweise mit seiner Frau Emma und dem befreundeten Ehepaar Plöhn in den Jahren 1899 und 1900 unternahm. May wollte mit diesen Reisen vor allem eines: er wollte seine Kritiker mundtot machen, die behaupteten, alles, was er geschrieben habe, sei gelogen, während er darauf beharrte, daß sich alles so zugetragen hat, wie er es in seinen Büchern wie "Durchs wilde Kurdistan" oder "Durch die Wüste" beschrieben hat. May reist denn auch nicht nur nach Ägypten, sondern zu Hadschi Halef und den Haddedihn. Diese beiden Reisen vollzieht Erich Loest heute nach, wobei ihn sein Freund, der Schauspieler Peter Sodann, begleitet. Dieser ist vielen Zuschauern sicher bekannt als Kommissar Ehrlicher im "Tatort-Krimi" der ARD. Peter Sodann und Erich Loest fahren nach Ägypten, sie erleben Kairo, dann fahren sie den Nil hinauf bis Assuan und dann wieder zurück nach Kairo. Sie machen einen Ausflug auf dem Kamel zu den Pyramiden von Gizeh, sie erleben die Wüste bei Assuan: ihre erbarmungslose Hitze, den heißen Sand, die Flöhe. Durch ihre Reise werden so die Reisen Karl Mays lebendig, wobei Peter Sodann immer wieder aus dem Alltag in die Rolle des Karl Mays springt. Die beiden zeigen uns einen Karl May als liebenswürdigen Aufschneider, aber auch einen Schriftsteller, der letztlich daran zerbricht, daß es ihm nicht gelingt, Realität und Fantasie auseinander zu halten. May lebt seine Fantasien so intensiv, daß er sie für wahr hält. Hierin ist er weit vom Schriftsteller Loest entfernt, der diese Haltung zwar versteht, aber nicht billigt. So zeigt dieses "Elektronische Tagebuch" einen ganz anderen Karl May, aber quasi als Negativbild dieses Karl May portraitiert sich darin auch der Schriftsteller Erich Loest. So sagt er im Film über seinen Karl May: "Er war sieben Jahre im Knast, ich auch. Ich weiß, wie verlockend es ist, sich die Welt durch die Mauern hindurch in die Zelle zu träumen".
Viele Grüße
Wolfgang