Der 'Weg zum Glück' bei den Franken

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rodger
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Der 'Weg zum Glück' bei den Franken

Beitrag von rodger »

Helmut Moritz hat auf der Seite "karl-may-franken.de" eine Besprechung zum "Weg zum Glück" eingestellt. Dazu wieder ein paar lose Anmerkungen.

„auf das Angenehmste enttäuscht“ halte ich nicht für ein „(eigentlich) schiefes Bild“, da „enttäuscht“ ja „ent – täuscht“ heißt, ob nun auf unangenehme oder eben angenehme Art.

In Sachen „Redlichkeiten“ denke ich mittlerweile auch, daß auch der Singular gemeint sein kann, indes ist die Stelle mit gedachtem Plural noch eindringlicher. „Wer ist redlich, wer“ läßt ja auch darauf schließen, daß der Mann der das äußert an ganz verschiedene Personen und Möglichkeiten dabei denkt, wie z.B. der Münedschi in „Am Jenseits“ ganz verschiedene Sorten von Menschen an der Brücke des Todes abschmieren läßt, weil eben keiner davon [letzten Endes] redlich ist. [Hoast mi ?]

Die Stelle mit S.A. ließ mich kräftig schmunzeln, obwohl ich nicht weiß, was Schreiber jenes gegen diesen „Kerl“ hat … (und ich auch nicht weiß, wer – im Roman – gemeint ist.)

Bei Staberow ist meines Wissens der Schluß mit Anton und Leni noch nicht geändert, nachgeprüft habe ich das jetzt nicht, behaupte das einfach mal so aus der Erinnerung.

Die Wandlung Antons halte ich nicht für unrealistisch, was Jekyll kann, kann Warschauer schon lange. [Auch wenn der Vergleich ein wenig hinken mag.] (Oder sagen wir, er ist halt Myschkin & Rogoschin in einer Person ... naja, zumindest hat er von beiden eine ordentliche Portion.)

Und im Tod des Wurzelsepp sehe ich keineswegs den Tod von Mays Vater, wage die seitens der geneigten oder auch nicht geneigten Leser vermutlich als mindestens kühn empfundene These, daß der Tod des Letzteren May möglicherweise weniger berührt hat als der seiner Figur …
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rodger
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Re: Der 'Weg zum Glück' bei den Franken

Beitrag von rodger »

Zu Anton ist mir noch Peter Munk in Hauffs "Das kalte Herz" eingefallen. Oder Peer Gynt. Die Bandbreite menschlichen Wesens ist groß, auch ggf. im einzelnen Individuum ... (Otto Normalbürger kriegt davon meerschtenteels nichts mit. Für ihn ist das dann "halt ein Roman" oder ein Märchen oder ein Film, etwas, was mit einem selber nichts zu tun hat ... hier irrt er.)

Falls die Anmerkung, der Tod des Wurzelsepp, einer erfundenen Figur, sei May vermutlich näher gegangen als der seines Vaters, zu schroff, unverträglich oder was auch immer herübergekommen sein sollte: es liegt einigermaßen nahe das anzunehmen. Erinnern wir uns, es wird berichtet, er sei in Tränen ausgebrochen, als er vom Tod Hadschi Halef Omars habe schreiben wollen, und das schließlich nicht übers Herz gebracht ... Beim Erzählen vom Tod Winnetous ist er vor größerer Runde ebenfalls in Tränen ausgebrochen ... Seine Figuren standen ihm halt [nachvollziehbarerweise] näher als die seines realen Lebens ... Iregendwo hat er das auch geäußert, ich glaube es war in Sachen Hadschi Half, vielleicht auch Winnetou, ich weiß es nicht auswendig, aber er schrieb, eine solche Freundschaft habe er im wirklichen Leben nie gehabt ...
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Helmut
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Re: Der 'Weg zum Glück' bei den Franken

Beitrag von Helmut »

Wie unter anderem auch Arno Schmidt schrieb, der es wohl irgendwie bei Freud "gefunden" hatte, läuft bei so "Vielschreibern" wie Karl May shr vieles über das Unterbewußtsein ab. So kann es durchaus sein, dass er seine Gefühle über den Tod seines Vaters in den "Doppeltod" des WzG einfließen lies, ohne dass er selbst sich dessen bewußt war.
(So habe ich, der ich eigentlich meinen Vater auch nie mochte, erst nach seinem Tod "erfahren", was er in Wahrheit für mich war.)

Und zur Wandlung Antons schrieb ich, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, dass diese Wandlung all meiner Lebenserfahrung widerspricht, und auch die von dir aufgeführten Personen (der Literatur) entsprechen ebenso wenig meiner Lebenerfahrung.

Helmut

PS.: Weiß eigentlich jemand, wer den "Wuz'nsepp" erfunden hat (bei May heißt der ja noch Wurzelsepp (was auch ausnahmsweise "korrektes bairisch ist"))?
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rodger
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Re: Der 'Weg zum Glück' bei den Franken

Beitrag von rodger »

Helmut hat geschrieben:So kann es durchaus sein, dass er seine Gefühle über den Tod seines Vaters in den "Doppeltod" des WzG einfließen lies, ohne dass er selbst sich dessen bewußt war.
So etwas kann sein, ja, ist mir in keiner Weise fremd, ein solcher Gedankengang, eine der leichtesten Übungen, sozusagen ... Nur habe ich beim Wurzelsepp nicht den Eindruck, daß das etwas mit Mays Vater zu tun hat. Der Wurzelsepp ist, insbesondere in der Sterbeszene, eine derartige Wunschprojektionsfigur ... da kann der reale Vater May schlecht mithalten.
(So habe ich, der ich eigentlich meinen Vater auch nie mochte, erst nach seinem Tod "erfahren", was er in Wahrheit für mich war.)
Wir laufen halt alle mehr oder weniger bewußtlos durch die Gegend ... :D
Und zur Wandlung Antons schrieb ich, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, dass diese Wandlung all meiner Lebenserfahrung widerspricht
Ich erinnere mich durchaus. (Aber was kann ich für Deine Lebenserfahrung resp. Imaginationsmöglichkeiten ... :D )
und auch die von dir aufgeführten Personen (der Literatur) entsprechen ebenso wenig meiner Lebenerfahrung.
Aber es gibt sie ... sowohl real als auch als latente Möglichkeiten ... (Wenn dann mal was spektakuläres passiert in Sachen Extremverhalten wundern sich die Leut' immer so, wie kann so etwas sein usw., je nun, ist halt klar daß es sein kann ...)
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rodger
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Re: Der 'Weg zum Glück' bei den Franken

Beitrag von rodger »

"Die Fehler sind da, Sie warten nur darauf gemacht zu werden" äußerte Savielly Tartakower in Sachen Schach ... So ist es auch im Leben. Man kann in Sachen Moral völlig ungehemmt abschmieren, wie Anton in Wien, aber man muß nicht ... Das ist ja u.a. das Interessante an dem Roman, daß May mit Leni und Anton zwei Menschen zeigt, die als Künstler große Karriere machen, und wie das halt in ganz verschiedene Richtungen gehen kann ... Vorhin fielen mir dazu Oskar Werner und Armin Müller-Stahl ein, beide kommen nach Hollywood, aber der eine schmiert in Suff und Größenwahn leider völlig ab, der andere bleibt ein kluger, besonnener Mensch und verhält sich ganz unauffällig ...
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Helmut
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Re: Der 'Weg zum Glück' bei den Franken

Beitrag von Helmut »

Wobei für mich auch die Karierre der Leni am Ende doch wieder einen faden Beigeschmack hat, als sie irgend einen dahergelaufenen Adeligen heiratet und "wieder ganz Frau sein will". Aber vielleicht (und ich hoffe dies) war diese Art von "happy end" nur dem Geschmack des "gemeinen Kolportagelesers" geschuldet.

Helmut
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rodger
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Re: Der 'Weg zum Glück' bei den Franken

Beitrag von rodger »

Ja, in der Hinsicht stehen schon einige heftige 'Klamotten' im Text ... "Er, der Graf, ein Nachfolger eines Wildschützen bei einer früheren Sennerin! Dieser Gedanke hätte eigentlich erkältend wirken sollen, aber der Graf kam gar nicht dazu, sich mit demselben zu beschäftigen." :D
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