Berühmt ist sein Redakteur Wippchen, der aus dem idyllischen Bernau Kriegsberichte von den jeweiligen realen Kriegsereignissen der Zeit liefert – daher rührt die noch heute gängige Berliner Redensart
Mach keine Wippchen!, wenn jemand gar zu offensichtlich aufschneidet.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Stettenheim
Der Schriftsteller Julius Stettenheim ist der Schöpfer dieses ominösen Herrn Wippchens, der von sich sagt, er sei
nicht zum Kriegsberichterstatter geboren. Meine Amme umstanden die Musen, und früh schon regte sich in mir der Pegasus.
Ich bin – verzeihen Sie das harte Wort! – ein Dichter. Wenn andere Knaben ihre Schularbeiten spielten, floh ich der Brüder wilden Reihn und dichtete mich satt. Oft drohte mein Vater, mir Papier und Dinte höher zu hängen, wenn ich mir die Leier nicht aus dem Kopf schlüge, und nur allzuhäufig mußte ich die ganze Schwere des Lehrers fühlen, wenn ich meine Schulhefte vollgesungen hatte, oder irgend eine Frage in gebundener Zunge beantwortete. So durchlebte ich dornenvolle Kinderschuhe!
Trotzdem wuchs mit meinen Jahren der Hang zur Poesie. Ich dichtete fern vom Geräusch meines Vaters weiter, ich dichtete sogar aus dem Schlaf. Aber als ich endlich einem Buchhändler einen Band meiner Gedichte anbot, sagte derselbe: »Herr Wippchen, Sie schreiben eine gute Hand, wollen Sie Buchhalter bei mir werden?«
Mir fiel das Herz aus den Wolken, und ich eilte als geschmolzener Ikarus aus dem Laden. Ich hatte noch nicht zu Mittag gespeist. Ich hatte Hunger. Das Messer stand mir auf den Hacken. Ein Ertrinkender, griff ich zum Strohhalm, der mir zufällig gebraten in den Mund flog: ich zog die Hippokrene aus und wurde Journalist.
Denn Sie suchten grade einen Berichterstatter für die im Orient ausbrechende Bellona, ich stellte mich Ihnen vor, Sie gewannen mich. Da haben Sie die Geschichte meiner Biographie.
Quelle: Julius Stettenheim: Wippchen’s sämmtliche Berichte; Bd. 1. Hermann Paetel, Berlin 1893.
Stichwort Orient:
Indeß höre ich, daß in Bernau die Kölnische Zeitung und die Neue freie Presse gehalten werden, mit deren Hülfe ich hoffe, mich leicht orientalisiren zu können.
Quelle: Stettenheim: ebd.
Hört sich das alles nicht ein bißchen nach dem kleinen aufschneiderischen Halef und dem wortverdreherischen Hobble-Frank an, von dem es einmal heißt, er habe
sich gewöhnt (...), in der höheren lyrischen Ausdrucksweise zu schweben und er sei
von den zwölf Musen emporgehoben worden? Wie dem auch sei – der Name Wippchen ist im Zusammenhang mit Karl May schon sehr früh gefallen. Kein geringerer als Fedor Mamroth hat ihn ins Feld geführt; und zwar bereits 1899 in einem seiner damaligen Angriffsartikel:
Und wir müssen gestehen, da flößt uns Herr Wippchen, der sich in Bernau seine Kriegsberichte aus den Fingern saugt, viel mehr Sympathie ein als sein Kollege in Radebeul, denn er ist ehrlicher als dieser und beansprucht wenigstens nicht, daß man seine tollen Einfälle glaube.
Frankfurter Zeitung vom 17. Juni 1899, zitiert nach Jb-KMG 1974, Seite 123.
Einen Tag später schreibt ein anderer Autor in einem anderen Presseorgan:
Es war nämlich die Behauptung aufgetaucht, Karl May habe niemals die Länder und Völker, die er so anschaulich beschreibt, mit einem Blicke gesehen; er sitze in Radebeul bei Dresden und phantasire sich seine Mordgeschichten zusammen wie Herr Wippchen aus Bernau seine bekannten Kriegs- und Friedensberichte.