Phantasie am Grabe Winnetous

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Kurt Altherr
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Phantasie am Grabe Winnetous

Beitrag von Kurt Altherr »

Am 26. September 1903 erhält Karl May von Marieluise Fritsch (1890-1959) folgendes Gedicht:


Phantasie am Grabe Winnetous

Sieh´, die Sonne wirft die letzten Strahlen
durch das dunkle Laub der hohen Bäume,
wo es flüstert wie geheimnisvolle Träume
in der Dämmerung, was eines Tages hier gescheh´n.

Ringsherum herrscht vollends Schweigen.
Nur aus weiter Ferne dringt ein leises Rauschen.
Wo Trauereschen sich herniederneigen,
sprudelt silberhell ein kleines Flüßchen.

Einsam der Duft aus Tann und hohen Eichen
um ein Grab, das längst verfallen.
doch nie wird der Klang verhallen deines Namens.
Des Kreuzes heil´ges Zeichen
steht noch fest und noch nicht wankend, -
wenn dein Stamm auch längst vergessen ist.

Wilde, immergrüne Efeuranken
hüllen das Höhenwandeln des Ustad ein.
Leise kommt die Nacht.
Und Mondenschein zittert auf den kleinen Wellen.
Sie verrinnen und zerschellen.

Blumen blühen und verweh´n,
Zeiten kommen und vergeh´n.
Ewig ist hier nichts auf Erden,
doch D u sollst unsterblich werden.
Unter hohen Bäumen schlafen in süßer Ruh,
bis dich Christus erweckt, Winnetou!
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rodger
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Beitrag von rodger »

Einerseits, soviel Sprachgefühl hätte ich ihr gar nicht zugetraut, da ist viel Schönes drin, andererseits, am Schluß klingt es doch wieder ein wenig nach Rumms Pumms Plumps (Forums …), da würde ich doch in einer Kandolf-Wollschlägerischen Anwandlung die letzte Zeile spontan und aus dem Ärmel schon mal in „bis Christus Dich erweckt, Dich, Winnetou!“ ändern, na, das klingt doch gleich ganz anders …

(Eigentlich juckt es mich ja, das ganze Gedicht zu bearbeiten, das wär' doch mal was, 1 x im Leben richtig konstruktiv mit Lu Fritsch zusammenarbeiten, aber das wär' ja richtig Arbeit, und so wichtig ist es mir nun auch wieder nicht, oder vielleicht bin ich auch nicht konsequent genug, eine Sache auch wenn’s schwierig wird richtig durchzuziehen …)

Und, sie hat noch richtig Respekt gehabt, „Höhenwandeln des Ustad“, guck an, so ändern sich die Zeiten …

In der ersten Strophe habe ich ja erst gedacht, Huch, was ist da passiert, aber man soll nicht immer nur so einseitig in eine Richtung denken, das habe ich ja selber schon gesagt. Also, was ist da passiert, begraben haben sie ihn, jenun, das ist so üblich, wenn einer gestorben ist. Also, Frollein, nun mal nicht Sie auch noch so pathetisch, das ist sonst eher mein Part …

;)


Noch’n Grab-Gedicht …


Dort liegt, fern vom Gewimmel,

wo es erträglich,

Halef, der Hadschi

Er ist jetzt im Himmel

Dort sucht man vergeblich

Das Halbblut Apanatschi.

:wink:
Kurt Altherr
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Re: Phantasie am Grabe Winnetous

Beitrag von Kurt Altherr »

Bedenkt man, dass Lu bei Abfassung des Gedichtes erst 13 Jahre jung war, so ist es eine bemerkenswerte Leistung der Autorin.
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rodger
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Re: Phantasie am Grabe Winnetous

Beitrag von rodger »

Bedenkt man, daß ich innerlich manchmal erst zwölf bin, ist meine Leistung die bessere ...

:lol:
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