Farbillustrationen aus dem »Venustempel«
Damals gab Münchmeyer ein Buch heraus, der
»Venustempel« genannt, mit den scheußlichsten Texten und Abbildungen. Nie in
meinem Leben habe ich etwas so schandbar Gemeines gesehen! Aber Münchmeyer las es, seine
Frau las es und seine Kinder lasen es und freuten sich über die nacktgemalten
Geschlechtstheile und Brüste. … Die Folge war, daß der ältesten Tochter des Nachts
die Hände gebunden werden mußten, damit sie sich die Onanie abgewöhne. … Und von der
Schwester der Frau Münchmeyer erzählten sich die Arbeiter und Arbeiterinnen, daß sie
sich des Abends vor dem Schlafengehen bei Licht die Filzläuse von den dicken Beinen
gelesen habe; man hatte sie von den gegenüberliegenden Fenstern aus beobachtet.
[Karl May: ›Frau
Pollmer, eine psychologische Studie‹, Manuskriptseite 807f.]
»In der
Stickluft dieser [damaligen] geistigen Atmosphäre wurde eine Sexualaufklärung im
Stil des Hauses Münchmeyer schon als Angriff auf die Grundlagen der Sittlichkeit
und der abendländischen Kultur überhaupt angesehen, und da in diesen Kreisen und
dem weiteren Anhang auch prominente Gegner Karl Mays anzutreffen waren (die
Bekämpfung der ›Schundliteratur‹ gehörte auch zu den selbstgewählten Aufgaben
dieses Vereins), ist es durchaus verständlich, daß er sich auf keinen Fall zu
seiner Mitarbeit am ›Buch der Liebe‹ [Nachfolgewerk des Venustempels] bekennen
konnte. Vielmehr mußte er gezwungenermaßen mit den Wölfen heulen und seinerseits
das Banner der Sittlichkeit möglichst hoch halten, z. B. indem er Hermann
Cardauns in der Beurteilung der ›abgrundtiefen Unsittlichkeiten‹ der
Münchmeyer-Romane noch zu übertreffen versuchte.«
[Gernot Kunze: Kommentarband zum ›Buch der Liebe‹,
KMG-Reprint 1988/99, S. 33.]
Vgl. Ralf
Harder: ›Karl May und seine Münchmeyer-Romane, Kapitel: Kiss-y-Darr