Dr. William E. Thomas MD

Karl Mays Blindheit II

 

 
Zur Einführung in den Verlauf der Ereignisse, der möglichen Ursache und der Heilung von Karl Mays Erblindung in der Kindheit müssen wir mit einer Zeitfolge beginnen:
  

1842
geboren am 25. Februar

»Ich war weder blind geboren noch mit irgendeinem vererbten körperlichen Fehler behaftet[1]

1843
im Alter von 12 Monaten

(Hungersnot in Hohenstein und Ernstthal)

»Daß ich kurz nach der Geburt sehr schwer erkrankte, 

1844
mit zwei Jahren

das Augenlicht verlor und volle vier Jahre siechte …«[2]

(Die Augenlider sind geschwollen; sie lassen sich nicht öffnen – funktionelle Blindheit) 

1845
im Alter von drei Jahren

(Gedächtnisanfänge)

»Ich sah nichts. … Ich konnte die Personen und Gegenstände wohl fühlen, hören, auch riechen; …« [3]

1846
mit vier Jahren

»[Meine Mutter] war aufgefordert worden, mich nach Dresden zu bringen, … Das geschah nun jetzt, … Ich lernte sehen und kehrte, auch im übrigen gesundend, heim.« [4]


Normale Entwicklung des Sehens

Obwohl die Augen des Babys sofort nach der Geburt die meiste Zeit zubleiben, sind sie in bezug auf helles Licht empfindlich. Mit zwei Wochen beachtet das Kind große Objekte in seinem Gesichtsfeld, und mit zwei bis vier Wochen wird es konzentriert in die Richtung des Gesichtes seiner Mutter schauen. Mit zwei Monaten kann ein Kind einem Objekt oder Licht, das hin- und herbewegt wird, folgen, und das kann es schnell und gezielt mit drei Monaten. In diesem Alter sind Kinder visuell aufmerksam und besonders interessiert an in der Nähe befindlichen menschlichen Gesichtern.

Mit sechs Monaten können Kinder ihre Augen in jede Richtung bewegen, können beide Augen zusammen bewegen und können sie sofort auf kleine, nahe Objekte, die sie interessieren, richten. Die Bewegungen der Erwachsenen werden quer durch das Zimmer verfolgt. Mit neun Monaten beobachten Kinder die Aktivitäten von Leuten und Tieren innerhalb von drei bis vier Metern, und mit zwölf Monaten beobachten sie draußen Leute, Autos usw. mit großem Interesse und erkennen Gestalten, die sich aus sechs oder mehr Metern Entfernung nähern.

Mit etwa achtzehn Monaten freuen sich Kinder an einfachen Bilderbüchern, erkennen einige Dinge wieder, und mit zwei Jahren erkennen sie feine Details in Bildern und deuten darauf, auch auf ihnen vertraute Erwachsene auf Photos, sobald sie auf sie hingewiesen worden sind. Zwischen zwei und drei Jahren bemerken sie sogleich kleine Spielzeuge am anderen Ende eines Zimmers und zeigen im Freien auf entfernte Objekte.

Mit drei bis vier Jahren kann man mit Kindern gut in Sehtests zusammenarbeiten, in denen Zeichnungen verwendet werden.[5]

Das Sehzentrum befindet sich im Gehirn in der Hirnrinde am Hinterkopf. Dieses für Verbindungen nach außen während der frühen Entwicklung erforderliche Gehirnzentrum ist bis etwa zum Alter von acht bis neun Jahren beeinflußbar. Das bedeutet, daß ein bleibender Schaden daran entstehen könnte, wenn es ein dauerhaftes Hindernis in der Übertragung zu dem Zentrum während des ersten Lebensjahrzehnts gibt, z. B. wenn das Sehzentrum funktionsunfähig werden würde oder sich weigern würde, die Abbildungen, die mit den Augen gesehen worden sind, zu bestätigen. Das visuelle System ist vollständig entwickelt und kann nicht verändert werden, wenn ein Kind das Alter von neun Jahren erreicht hat.[6]

Die ersten Lebensmonate sind die kritischste Zeit. Die Eltern würden jede Abnormität der Augen ihres Babys bemerken und jede ungewöhnliche Erscheinung wie weißliche Bereiche oder eine Trübung auf dem Auge oder in der Pupille dem Arzt melden. Auch ungewöhnliche Bewegungen der Augen, besonders ein dauerhaftes Flackern, so daß die Augen nicht fest ausgerichtet bleiben, wenn das Kind etwas ansieht.


Was kann das normale Sehvermögen stören?

Anormale visuelle Stimulierung zu einem frühen Zeitpunkt im Leben (von der Geburt bis zu sieben Jahren) könnte das Ergebnis von Strabismus (Schielen), Anisometropie (ein Unterschied im Brechungswinkel der beiden Augen) oder die Behinderung durch ein herabhängendes Augenlid oder einen Katarakt sein, was das Auge "benachteiligt" oder blockiert zu sehen. Amblyopie ("faules Auge", Schwachsichtigkeit eines Auges) bezieht sich auf eine verminderte visuelle Schärfe auf einem Auge, wenn die Sehrinde, der Bereich des Gehirns, der das Sehen verarbeitet, fortwährend die Zufuhr aus dem schwächeren Auge "abschaltet". Die Behandlung von Amblyopie ist bis zum Alter von neun Jahren möglich, wenn der Verlust der Sehkraft im Grunde genommen irreparabel wird.

Eine Bindehautentzündung wird von verschiedenen Mikroorganismen (Staphylokokkus, Streptokokkus, Haemophilus Conjunctivitidis, Diplokokkus Pneumoniae) und auch von verschiedenen Viren verursacht. Besorgniserregend war die Bindehautentzündung vom Typ Blenorrhoica Neonatorum (eitrige Bindehautentzündung von neugeborenen Babys), die von Neisseria Gonorrhoeae verursacht wird, welche zwischen dem ersten und fünften Tag nach Geburt auftrat. Die Conjunctivitis Pseudomembranacea, verursacht durch Corynebacterium Diphteriae als Teil der Diphtherie, war in den meisten Fällen tödlich. Das Trachom, eine Form der Bindehautentzündung mit einer körnigen Reaktion auf der Innenseite der Augenlider (Körnerkrankheit, ägyptische Augenkrankheit), verursacht durch einen mit dem Ricketsia-Erreger verwandten Organismus (Chlamydia trachomatosis), ist von chronischer Dauer, die letztlich zu permanenter Blindheit durch eine Sekundärinfektion der Hornhaut führen kann. Es gibt noch mehr Krankheitserreger, die eine Infektion auf der Bindehaut verursachen können, wie zum Beispiel Syphilis oder Tuberkulose.

Alle die vorherigen Ursachen betreffen auch die Hornhaut. Keratoconjunctivitis Phlyctaenulosa war eine ernste Augenkrankheit im Kindesalter. Die sogenannte Phlyctaena war bis vor kurzem eine der gewöhnlichen Ursachen für Blindheit bei jungen Leuten. Es gibt viele andere Erkrankungen des komplizierten und anfälligen Augensystems. Die Personen im Umfeld des Babys Karl würden Auffälliges bemerkt haben, was damals mit totaler Blindheit endete, wie beispielsweise Buphthalmus oder Hydrophthalmus (jugendlicher grüner Star).

Eine Lichtundurchlässigkeit der Kristalllinse, der Katarakt (grauer Star), kann angeboren sein (Cataracta Congenita). Viele totale Katarakte werden durch Infektionen im Mutterleib (Toxoplasmose, Röteln oder anderen Virusinfektionen) verursacht. Lues oder Gonorrhöe der Eltern kann angeborene Katarakte durch bakterielle Toxine verursachen. Einige chemische oder physische Einflüsse (Alkoholismus, Schäden am Embryo durch Röntgenstrahlen) können Katarakte beim Fötus verursachen. Es gibt verschiedene Arten von Katarakten (Cataracta Polaris anterior et posterior; pyramidalis; centralis; totalis; membranacea, perinuclearis oder zonularis[7], Coronaria Sive Coerulea ). Totale Katarakte bei kleinen Kindern müssen sehr frühzeitig behandelt werden, schon in den ersten Wochen oder Monaten des postnatalen Lebens.[8]


Gedächtnis

»Ich war weder blind geboren … Daß ich kurz nach der Geburt sehr schwer erkrankte, das Augenlicht verlor und volle vier Jahre siechte …«[9]

Karl May schrieb diese Worte in seiner Biografie im Jahre 1910. Dies muss ihm später in seinem Leben erzählt worden sein, da er sich sicher nicht daran erinnert haben konnte. Menschen erinnern sich unterschiedlich gut an ihre eigenen frühesten Eindrücke.

Heutige Psychologen schlussfolgern, dass sehr wenige Ereignisse aus der frühesten Kindheit im Gedächtnis bleiben. Sie glauben, dass Kindern die Gedächtnisfähigkeiten, die man braucht, um irgendetwas anderes als die allereinfachsten Erfahrungen zu kodieren, noch fehlen. Frühe Erinnerungen an Personen hören mit drei bis fünf Jahren abrupt auf. Vor dieser Zeit ist Sprache, die für Erinnerungen so wichtig ist, nicht gut genug entwickelt, um eine Folge von Ereignissen zu kodieren.[10]

Manche der visuellen Erinnerungen, die von früheren Jahren erhalten bleiben, sind jene, die vor Störungen geschützt sind, weil sie eine spezielle Wichtigkeit haben. Sie werden ›Blitzlichterinnerungen‹ genannt, lebhafte Erinnerungen an wichtige, oft belastende Ereignisse. Karl May erwähnt zwei solche Ereignisse. Beide passen in den Zeitsteckplatz nach der Behandlung seiner Blindheit.

Nach dem Verkauf des Hauses, in dem Karl May geboren wurde, zog die Familie an einen anderen Platz, der einen kleinen Teich mit Fröschen im Hinterhof hatte. Sie zogen dorthin im April 1845 um. Karls Mutter, Christiane Wilhelmine May, nahm ab dem 15. August 1845 an einem halbjährlichen Hebammenkurs in Dresden teil. Karl wurde in Dresden irgendwann nach diesem Datum behandelt. Eine der ersten visuellen Erinnerungen, die ziemlich belastend war, war das von den Pocken entstellte Gesicht seiner Schwester. Ein weiterer Eindruck war der Anblick und das Quaken von Fröschen im folgenden Frühjahr und Sommer von 1846.[11] Die frühesten Erinnerungen sind etwas sehr Konkretes, an das man sich in Form von bildhaften Darstellungen oder möglicherweise emotionaler Reaktionen erinnern kann.


Langanhaltende Erinnerungen

Einige langlebige Erinnerungen bestehen von Passagen, die das Kind in einem frühen Alter viele Male gehört hat. Ziemlich oft sind dies kleine Gebete aus der Kindheit. Das Interessante an diesen Erinnerungen ist, daß sie so erhalten sind, als wenn man sie auswendig gelernt hätte, fast wörtlich, in genauer Formulierung. Die Großmutter des kleinen Karl, Johanne Christiane Kretzschmar, und ihre volkstümlichen Märchen betteten sich tief in seinen Verstand ein.[12]

In diese Kategorie gehören auch die unbegründeten, erworbenen Ängste, genannt Phobien. Nicht alle werden im späteren Leben krankhaft, z. B. daß sie die täglichen Aktivitäten stören, wie Panik-(Angst-)attacken, Zwangsneurosen oder Schlafstörungen.[13] Viele dieser sorgenvollen Gedanken und unterbewußten Ängsten werden während der frühen Kindheitsjahre erlernt. Bei Karl May waren es die Sorgen um die Augen und das Sehvermögen, lebhaft ausgedrückt in seinem literarischen Werk.


Der Verlust des Augenlichts

Ich habe in meiner Kindheit stundenlang still und regungslos gesessen und in die Dunkelheit meiner kranken Augen gestarrt …,[14] Ich sah nichts. Es gab für mich weder Gestalten noch Formen, noch Farben, weder Orte noch Ortsveränderungen. Ich konnte die Personen und Gegenstände wohl fühlen, hören, auch riechen; …[15]

Aus diesen Sätzen können wir schließen, daß andere Sinne wie Hören, Riechen und Fühlen des kleinen Jungen vollständig entwickelt waren. Die anfängliche Entwicklung von Karl Mays Sehvermögen muß normal gewesen sein, da er schon erwähnte, daß er mit normalem Augenlicht geboren wurde. Weil die meisten Leute sich an Ereignisse vor dem Alter von drei oder dreieinhalb Jahren nicht erinnern können, muß ein solcher Verlust des Sehvermögens vor diesem Alter begonnen haben. Karl May war im Februar 1845 drei Jahre alt. Die Behandlung in Dresden geschah irgendwann zwischen September 1845 und März 1846. May erwähnt auch, daß er sehr krank war während der Zeit seiner Erblindung: Daß ich kurz nach der Geburt sehr schwer erkrankte, …[16]

Der Verlust des Sehvermögens in der Kindheit schien bei Karl May keinen ernsten Augenschaden zurückgelassen zu haben. Auf vielen seiner Photos trägt er manchmal eine Brille, und manchmal nicht. Die Brille auf den Photos von Karl May hat keine dicken Gläser. Es gibt erhaltene Korrekturgläser im Radebeuler Karl-May-Museum, die vermutlich von Karl May verwendet wurden. Die Gläser waren einer Person verschrieben worden, die leicht kurzsichtig und astigmatisch (stabsichtig) war, mehr auf dem rechten Auge als auf dem linken.


Xerosis Conjunctivae Epithelialis

Ein Mangel an Vitamin A und D war im 19. Jahrhundert bei Kindern ziemlich verbreitet. Beide Mangelerkrankungen beginnen einige Monate nach der Geburt. Mangel an Vitamin A zeigt sich durch Augensymptome (Xerophthalmie – ein trockener und eingedickter Zustand der Bindehaut, welche anfangs zerknittertem Zigarettenpapier ähnelt, später aussieht wie trockener Seifenschaum, gelbliche dreieckige Stellen mit ihrer Basis in Richtung der Hornhaut, genannt Bitot-Flecke). Die Trockenheit (Xerosis) der Bindehaut kann das einzige Anzeichen sein. Sehstörungen findet man bei älteren Kindern, nicht bei neugeborenen. Das Kind leidet an Hemeralopie - Tagblindheit (= Sehschwäche der Augen bei hellem Tageslicht), und auch an Nyktalopie – Nachtblindheit (= Dämmerungsblindheit).[17] Leichte Formen von Xerophthalmie greifen nicht auf die Hornhaut über. Die Augenlider sind geschlossen und geschwollen.

Verdauungsstörungen, Durchfall und unzureichende Aufnahme von Nahrung begleiten einen Mangel an Vitamin A und D. Die Haut ist trocken. Das Kind hat eine geringere Widerstandskraft gegen Infektionen und gedeiht nicht. Bronchitis oder Lungenentzündung ist üblich, Pyurie (das Vorkommen von Eiter im Urin) wird häufig beobachtet. Das Kind wird ein sehr kranker Patient, der nicht in der Lage ist zu sehen. Die Prognose von Xerophthalmie, wenn keine Geschwürbildung und Perforation der Hornhaut eintritt, ist gut, wenn eine Behandlung begonnen wird.

Die Diagnose eines Mangels der Vitamine A – und D – stimmt für Xerophthalmie, Hemeralopie und Nyktalopie ziemlich mit der Beschreibung seiner Krankheit durch Karl May überein:

Daß ich kurz nach der Geburt sehr schwer erkrankte, das Augenlicht verlor und volle vier Jahre siechte, war nicht eine Folge der Vererbung, sondern der rein örtlichen Verhältnisse, der Armut, des Unverstandes und der verderblichen Medikasterei, der ich zum Opfer fiel. Sobald ich in die Hand eines tüchtigen Arztes kam, kehrte mir das Augenlicht wieder, und ich wurde ein höchst kräftiger und widerstandsfähiger Junge, …[18]

Die »tüchtigen Ärzte waren Dr. Carl Friedrich Haase (1788–1865) und Dr. Woldemar Ludwig Grenser (1812–1872), Professoren für Geburtshilfe und der mit diesem Fachgebiet verbundenen Perinatalpflege von Neugeborenen.[19]


Das Motiv der Blindheit in Karl Mays literarischem Werk

Die Unfähigkeit, während des empfindlichen Stadiums geistiger Entwicklung zu sehen, hat eine lebenslang anhaltende Wirkung auf Karl May zurückgelassen.[20] Es gibt sehr viele Beispiele in Mays Werk für die Verwendung von anderen Sinnen, auf welche Sehbehinderte sich verlassen lernen müssen.

Valentin Hauy (1745 – 1822), der Sohn eines Webers, gründete die erste Schule für Blinde 1784 in Paris. Hauy hatte 1771 einem blinden Bettler eine Münze gegeben und war davon fasziniert, zu beobachten, wie dieser die Kante befühlte, um ihren Wert beurteilen zu können. Die Münztastmethode des Bettlers hatte ihm die Idee in den Kopf gesetzt, daß dieser Trick verwendet werden könnte, um blinden Menschen das "Lesen" zu ermöglichen.[21]

Mit dieser Methode wird der Westmann Sam Barth von seiner Jugendliebe Auguste wiedererkannt:

»Sie ergriff seine Hände und tastete prüfend an den Fingern hin. Es war ja zu dunkel, um Etwas sehen zu können. Da fühlte sie an dem Goldfinger der linken Hand etwas Rundes, Hartes, worüber sich das Fleisch gelegt hatte.
   ›Mein Heiland! Dies ist der Ring!‹
   ›Ja, das ist er, der silberne!‹
   ›Du bists! Du bist’s! Ist das möglich!‹«
[22]

Und so hat Old Shatterhand seinen Winnetou bei Nacht befreit:

»Zunächst galt es zu erfahren, in welcher Weise Winnetou gefesselt war. Ich langte also vorsichtig um den Stamm hinum und betastete seinen Fuß und Unterschenkel. … Ich fand, daß ihm die Füße an den Knöcheln zusammengebunden waren, und außerdem hatte man um sie und den Baum einen Riemen gezogen; …«[23]

Von elementarer Bedeutung ist ›Der Scout‹, die Ur-Fassung von ›Winnetou II‹:

»Da hörte ich eilige Schritte. Eine dunkle Gestalt tauchte grad vor mir auf, sprang augenblicklich auf mich ein und warf mich zu Boden. Der Mann kniete auf mir und legte mir die Hände um den Hals, … Ich bäumte mich empor und warf ihn ab. Er flog zur Seite auf den Boden und ich schnellte mich auf ihn, um nun meinerseits ihn beim Halse zu nehmen. … Mit aalglatten Bewegungen suchte er mir zu entschlüpfen. Aber es gelang ihm nicht. Endlich wurden seine Bewegungen langsamer und schwächer, und seine Hände lösten sich von den meinigen. Er lag still. … Dann betastete ich ihn, da es zu dunkel war, ihn betrachten zu können. Welche Überraschung; ich hatte – – Winnetou besiegt!« [24]

Ein weiteres Beispiel aus ›Von Bagdad nach Stambul‹:

»Gehen durfte [konnte] ich nicht, aber beim Kriechen konnte ich mit den langsam und leise vorantastenden Fingerspitzen den Raum vor mir erst vorsichtig abfühlen, ehe ich den Körper folgen ließ.«[25]

Im Juli 1864 stellte sich Karl May als Dr. med. Heilig, Augenarzt, vor. Er schrieb sogar ein Rezept für ein Augenleiden aus. In seinem ersten von H.G. Münchmeyer 1882–1884 herausgegebenen Roman ›Waldröschen‹ war die Hauptfigur, Dr. med. Karl Sternau, gut in Augenheilkunde unterrichtet. Karl May musste ein Lehrbuch für Augenheilkunde studieren und verwenden, um genau die verschiedenen pathologischen Befunde der Augen zu beschreiben: Das Staphylom (Augenradhervorhebung, ein Vorsprung der Hornhaut oder der Lederhaut des Auges), Leukom (weiße Narbe der Augenhornhaut, nach Hornhautgeschwüren; eine starke Lichtundurchlässigkeit der Hornhaut), Katarakt (grauer Star) und das damalige Standardverfahren zur Entfernung von Katarakten.

In den früheren Texten, die Karl May geschrieben hat, beispielsweise ›Die Rose von Ernstthal‹ und ›Der verlorne Sohn‹, werden Augenleiden und Augenärzte häufig erwähnt. Sogar später in ›Ardistan und Dschinnistan‹ erregte eine Augenkrankheit Karl Mays Aufmerksamkeit:

»Sieht man doch z.B. in Aegypten überall Mütter mit kleinen Kindern auf dem Arme, deren kranke Augen vollständig mit saugenden Fliegen bedeckt sind, ohne daß es einer solchen Mutter einfällt, diese quälenden Insekten zu entfernen. Daher die vielen blinden Menschen dort!«[26]

Im späteren Leben sorgte sich Karl May wieder um seine Augen. May machte das Tabakrauchen dafür verantwortlich, dem Augenlicht abträglich zu sein. May war sein Leben lang selbst ein starker Raucher:

»Ohne ein Augenarzt zu sein, konnte ich mich der Meinung nicht erwehren, daß auch seine Blindheit in enger Beziehung zu diesem starken Rauchen stehe, und daß ich da recht hatte, bewies mir dann die spätere Zeit.«[27]

So schreibt May über den blinden Münedschi, der nahe Gestalten nur als Silhouetten mit unklaren Konturen erkennen konnte. Es gibt ferner einen Dialog über das Rauchen zwischen dem Nichtraucher Morgenstern und dem starken Raucher, Doktor Don Parmesan, im Vermächtnis des Inka:

»… Hat doch die Wissenschaft nachgewiesen, daß man vom vielen Rauchen den schwarzen Star, Amaurosis genannt, bekommen kann.«[28]

Amaurosis bedeutet teilweise oder totale Blindheit. Karl May gab das Rauchen auf, leider war es für seine Gesundheit zu spät:

»Ich gestehe sogar ein, daß ich der stärkste von allen Rauchern war, die ich kennengelernt habe. Jetzt bin ich es nicht mehr. Es sind nun fünf Jahre her, da bat mich das Herzle [Klara May], nicht mehr soviel zu rauchen. … Da legte ich die Zigarre, die ich im Mund hatte, weg und sagte: ›Das ist die letzte gewesen im Leben, ich rauche nie wieder!‹«[29]

Angst vor Erblindung war der Grund, warum Karl May das Rauchen aufgab. Rauchen erhöht die Gefahr, das Sehvermögen zu verlieren. Menschen, die eine Schachtel Zigaretten oder mehr pro Tag rauchen, haben im Alter ein zweieinhalbmal so hohes Risiko, daß sich eine Krankheit entwickelt, die möglicherweise zu Erblindung führt[30]. Rauchen ist ein vermeidbarer Risikofaktor für altersbedingte Macular Degeneration (AMD). Andere Untersuchungen haben eine Beziehung zwischen dem Rauchen und dem Risiko für Katarakte angezeigt. Neue Studien weisen darauf hin, daß ein gesteigertes Risiko für AMD länger als ein Jahrzehnt, nachdem die Testpersonen aufgehört hatten zu rauchen, weiterhin bestand.

Bereits am 26. November 1893 schrieb May an seinen Verleger Fehsenfeld, daß er wegen seines Augenleidens »kürzlich zweimal in Leipzig gewesen sei«.[31] Und in diesem Zusammenhang entstand vermutlich im Sommer 1894 folgende Passage für ›Old Surehand I‹:

»Ich wurde als ein krankes, schwaches Kind geboren, welches noch im Alter von sechs Jahren auf dem Boden rutschte, ohne stehen oder laufen zu können … Ich bin dreimal blind gewesen …«[32]

Karl May schrieb am 20. März 1897 einer unbekannten Person im Elsass:

»Da Sie die drei Bände Old Surehand noch nicht zu kennen scheinen, schicke ich sie Ihnen als Geschenk von Ihrem Old Shatterhand. Aus dem ersten Bande werden Sie ersehen, daß auch ich blind gewesen bin und also sehr wohl weiß, welche herrliche Gottesgabe den lieben Zöglingen Ihrer Anstalt versagt worden ist …«[33]


Schlussfolgerung

Medizinisch gesehen ist der Fall von Karl Mays Blindheit ein faszinierender. Alle Indizienbeweise – wie von Karl May in seinem literarischen Werk beschrieben – sprechen für seine frühe Kindheitserfahrung des Verlusts seines Sehvermögens: Die beschriebenen Sinne für Tasten, Hören, Riechen, die Nachtszenen.

Karl May litt auch an unbewusster Furcht vor Erblindung – die unterdrückte ›langanhaltende Erinnerung‹, ausgedrückt in seiner Beschäftigung mit Augenärzten, Augenkrankheiten und der Behandlung von Augenleiden, über die er ziemlich gut Bescheid wußte.

Über die normale Entwicklung des Sehens beim Neugeborenen ist bekannt, daß ein gewisser Zeitraum nach der Geburt notwendig ist, den visuellen Input zu fördern, damit er das Sehzentrum in der Hirnrinde erreicht und sich dort aufbaut. Wir wissen, daß Karl May nicht mit Katarakten geboren wurde (er erwähnt keine Operation, um sie zu entfernen, noch mußte er dicke Brillengläser tragen). May litt an keinem schädigenden Augenleiden, das seine Hornhaut beeinträchtigt hat, was zu ernsten Sehstörungen im späteren Leben geführt hätte (die erhaltene Brille zeigt nur eine leichte Kurzsichtigkeit und Astigmatismus).

Die Erinnerung ist ein wichtiger fundamentaler Faktor und beeinflußt den weiteren Verlauf des Geschehens. Die Mehrzahl der Menschen erinnert sich nicht an Ereignisse vor dem dritten Lebensjahr. Die Äußerungen von Karl May: Ich war weder blind geboren und Daß ich kurz nach der Geburt sehr schwer erkrankte, das Augenlicht verlor … müssen nicht auf persönlicher Erfahrung basieren, aber darauf, was ihm von anderen Leuten, sehr wahrscheinlich von seinen Familienmitgliedern, gesagt worden war. Das bestätigt nur, daß es genug Zeit gab, die unerläßliche Verbindung zwischen den Augen und dem Sehzentrum aufzubauen.

Karl Mays erste Erinnerungen »Ich sah nichts. … Ich konnte die Personen und Gegenstände wohl fühlen, hören, auch riechen« mussten in einem Alter entstehen, als seine Augen schon erkrankt waren. Die vielen Märchen, die ihm seine Großmutter erzählte, gehören zu einer typischen langanhaltenden Erinnerung. Sie prägten sich ähnlich tief im Verstand von May ein, wie wir uns für immer an die Gebete erinnern, die man uns als Kinder beibrachte. Später verband Karl May auf seine kreative künstlerische Art seine Großmutter mit dem fiktiven Buch ›Der Hakawati‹; Märchen waren sein Lebenselixier:

»Ich muß selbst zum Märchen werden, ich selbst, mein eigenes Ich.«[34]

In diesem Sinne erzählte May der jungen Verehrerin Marie Hannes seine Lebensgeschichte als Märchen. Marie schrieb später alles auf:

»… daß Karl May am 25. Februar des Jahres 1842 in einem kleinen Dorfe Oberbayerns … geboren wurde. Er hatte zahlreiche Geschwister und seine Eltern waren arme Leute – blutarm sogar. Der kleine Karl nun war ein äußerst schwächliches Kind – fast gelähmt – sehr augenkrank - kurz – kaum lebensfähig. Wie hätte ihm sein Vater, der so schwer mit Not und Elend zu kämpfen hatte, eine kostspielige Kur und Behandlung ermöglichen sollen, um den kleinen siechen Körper zu kräftigen? …
     An einem Frühlingsmorgen, als der kleine Karl, vom Sonnenschein unwiderstehlich angelockt, vor seine Thürschwelle gekrochen war (gehen konnte er ja nicht) und mit seinen halbblinden Augen sehnsüchtig dem fröhlichen Spiel jauchzender Kinder zugeschaut haben mag – da – kam plötzlich ein flotter Vierspänner in scharfem Trabe um die Ecke gebogen und sauste die schmale Dorfstraße hinab. Kreischend stob die lustige Kinderschar nach allen Seiten auseinander, an den kranken Karl May dachte keines. Ja, nicht eher dachten sie an ihn, als bis sie ihn blutend und bewußtlos am Boden liegen fanden. –
     Der einzelne Herr im Fond des Wagens war bestürzt herausgesprungen und half das arme Kind ins Haus tragen – man untersuchte es und fand schwere Verletzungen. An ausreichende Pflege und kräftigende Kost war im Häuschen seiner Eltern kein Gedanke! Der Fremde, ein österreichischer Edelmann, im besten Wortessinne, sah das ein und ließ den Kranken in die Stadt – in ein gutes Krankenhaus bringen, wo er ausgezeichnet aufgehoben war. Er machte dort auch eine Augenoperation durch und zwar mit bestem Erfolge und verließ das Hospital völlig gesund und kräftig, mehr als er es bis dahin jemals gewesen war.«
[35]

May erzählte Marie ein Märchen, sprach von Oberbayern, weil er seine Herkunft verschleiern mußte. Er wollte Marie Hannes offensichtlich von Hohenstein und Ernstthal fernhalten; dort hätte sie die ganze traurige Vergangenheit über seine Haftzeit etc. erfahren. Mays frühkindliche Erblindung – wenn auch dichterisch ausgeschmückt – ist jedoch keinesfalls ein Märchen. In der ›Rose von Ernstthal‹ (1874) heißt es:

»Die Frauen waren erst am Nachmittage bei dem Arzte [in Chemnitz, ca. 15 km von Hohenstein-Ernstthal entfernt] vorgekommen. Dieser hatte die kranken Augen einer sorgfältigen Untersuchung unterworfen und dann den Kopf geschüttelt. Die medicinische Kenntniß hatte damals noch nicht die Höhe der Entwicklung erreicht, auf welcher sie sich jetzt befindet; man stritt sich über die verschiedenen Systeme und war noch nicht zu der Erfahrung gelangt, daß es die beste Kunst des Arztes sei, Hindernisse zu entfernen und die Natur zu unterstützen. Man erging sich in den verschiedenen Philosophemen und nur selten wagte ein begabter Kopf, den Damm der herkömmlichen Heilmethoden zu durchbrechen. Und so erhielt die Blinde nach beendigtem Kopfschütteln eine kühlende Einreibung nebst einer Auflösung von Galizienstein und wurde dann mit einigen Trostesworten entlassen.«
[36]

»In kurzer Zeit hatte die inquirirende Wirthin erfahren, daß er ein Augenarzt sei und nach Dresden [!] reise, um einen dortigen vornehmen Blinden in Behandlung zu nehmen. Erfreut von dieser Entdeckung erzählte sie ihm von Augusten und bat, das Mädchen einmal holen zu dürfen.«[37]

Der Chemnitzer Augenarzt kann nicht helfen – der Augenarzt, der nach ›Dresden‹ reist, kann helfen! Die Heilung dieser fiktiven Erblindung in Verbindung mit Dresden ist hoch autobiografisch; schließlich war May in der Landeshauptstadt von den tüchtigen Ärzten Haase und Grenser geheilt worden. In dem Sammelwerk ›Das Buch der Liebe‹ (1875) stellt May die Entwicklung vom Säugling bis zum zeugungsfähigen Mann dar.
Er berichtet über die Gefahren des Säuglings und erwähnt überraschend Blindheit, auch werden Tast- und Gehörsinn kurz erläutert. Als »wissenschaftliche Darstellung der Liebe«, so der Untertitel des Sammelwerks, ist dies recht ungewöhnlich und eigentlich nur verständlich, wenn man weiß, daß der Autor als Kind blind war.[38]

Die ersten visuellen Erinnerungen, die sogenannten ›Blitzlichterinnerungen‹, die von Karl May beschrieben werden (das von Pocken entstellte Gesicht seiner Schwester und die Frösche im Teich) können zeitlich eingeordnet werden. Sie stammen vom Winter und Frühjahr/Sommer 1846, der Zeit der Behandlung von May in Dresden.

»Daß ich … volle vier Jahre siechte …« – Es war nicht nur die Sehbehinderung, sondern auch eine allgemeine Erkrankung. Und doch wurden beide Beschwerden irgendwann zwischen September 1845 und März 1846 erfolgreich geheilt. Die Behandlung erforderte keinen chirurgischen Eingriff an den Augen. Unter Berücksichtigung und dem Ausschluss von anderen Möglichkeiten scheint es nur eine Schlussfolgerung zu geben: Karl May litt als Kind an Vitamin-A- und -D-Mangel. 

Wie immer gibt es ein Buch, das dieses Thema behandelt. Dr. Oliver Sacks, Professor der Neurologie am Albert Einstein College für Medizin, New York, veröffentlichte ›Ein Anthropologe auf dem Mars‹ (›An Anthropologist on Mars.‹).[39] Darin findet man ein Kapitel ›Zu sehen und nicht zu sehen‹ ('To see and not to see'), welches die Schwierigkeiten von Leuten beschreibt, die sehen lernen mußten, genau wie Karl May schreibt: »Ich lernte sehen und kehrte, auch im übrigen gesundend, heim.«[40]


Die zwei versteckten Bedeutungen

Es gibt zwei Sätze, die Karl May in seiner Biographie schreibt, die kaum interpretiert worden sind.

(1) »Als ich sehen lernte …«[41] Wir, die sehend geboren wurden, können uns kaum die Verwirrung zwischen visuellen Objekten und ihren Bedeutungen nach einer Zeit der Blindheit vorstellen. Wenn wir unsere Augen am Morgen öffnen, öffnen wir sie in eine Welt, für die wir ein Leben lang gebraucht haben, sehen zu lernen. Für jemanden, der wenig mehr als die visuellen Erfahrungen eines Säuglings hatte, gibt es keine visuellen Erinnerungen, die eine Wahrnehmung unterstützen. Die Netzhaut und der Sehnerv sind aktiv, übertragen Impulse, aber das Gehirn kann keinen Sinn darin sehen. Mit einem neurologischen Begriff: das Sehzentrum ist agnostisch. Das Gehirn eines Kindes hat die Formbarkeit, sich anzupassen. Sehen zu lernen erfordert eine radikale Änderung der neurologischen Funktionsweise und, damit verbunden, eine radikale Änderung der psychologischen Funktionsweise, des Selbst, der Identität.[42]

Karl Mays einfache Aussage »Als ich sehen lernte« macht den Umstand, dass er vorher nicht sehen konnte, glaubwürdig.

(2) »Nur wer blind gewesen ist …«[43] – Blindheit hat ihre ganz eigene positive Eigenschaft. Andere Verfahren bewußter Wahrnehmung entwickeln sich. Eine eigene Welt beginnt zu existieren. Erwachsene werden nach dem Wiedererlangen des Sehvermögens oft depressiv. Jedoch stehen Erwachsene nicht, neurologisch gesprochen, auf demselben Ausgangspunkt wie Kinder, deren Hirnrinde gleichpotentiell ist – gleichartig bereit, sich jeder Form der Wahrnehmung anzupassen. Karl May hatte das Glück, eine fürsorgliche und verständnisvolle Großmutter zu haben, die seine Innenwelt entwickelte, die er später im Leben nie völlig aufgab. Es ist bekannt, dass einige blinde Menschen eine Operation ablehnen, um ihnen ihr Sehvermögen zurückzubringen. Sie ziehen es vor, in ihrer eigenen Welt zu leben.

Es ist gute medizinische Tradition zu glauben, was der Patient sagt. Als Karl May 1910 seine Biografie schrieb, erwähnte er die medizinischen Probleme, die ihm in der Vergangenheit Angst einflößten – seine frühe Erblindung, der Gedächtnisverlust und die Halluzinationen.[44] Karl May fand keine Erklärung für das, was mit ihm geschah. Dies rechtfertigt jedoch nicht, zu behaupten, er hätte die Unwahrheit gesagt.[45]

   


    

Fotografien
 

Mutter mit Kind
 
Eine Mutter, die medizinische Hilfe für ihr Kind sucht, das an Vitamin-A-Mangel,
Blindheit und Unterernährung leidet (Foto aus Nepal).
›Australian Doctor‹ vom 29. Oktober 1993, S.57.


Bittot's Spots
Bitot-Flecken
Xerophthalmia
Xerophthalmie
Generalized Xerophthalmia
Allgemeine Xerophthalmie
Advanced Xerophthalmia
Fortgeschrittene Xerophthalmie


 


 

 

Anmerkungen

    

  
[1] Karl May: ›Mein Leben und Streben‹, Freiburg [1910]. Reprint: Hildesheim-New York 1997, S. 16.

[2] Ebd., S. 16.

[3] Ebd., S. 31.

[4] Ebd., S. 20.

[5] ›Growth and development of young children‹, Department of Social Security, Commonwealth of Australia, Canberra ACT 1981, pp.11-12.

[6] Florida Eye Institute, Vero Beach, Dr.Minotty: ›Amblyopia‹, 1999.
American Academy of Ophthalmology, Washington DC, ›Eyenet‹, 1997.
New England Eye Center: ›Pediatric Eye Disorders – Amblyopia‹, Columbia/HCA 1999.
The Nemours Foundation, KidsHealth.org.: ›Ophthalmology‹, 1999.

[7] Erwähnt als eine mögliche Ursache von Karl Mays Erblindung in der Kindheit in: G. Asbach: ›Das medizinische Wissen Karl May’s in den Amerikabänden‹, Med.Diss. Düsseldorf 1972.

[8] Kurz, J: ›Zaklady ocniho lekarstvi (Ophthalmology)‹, Praha 1953.

[9] Karl May: ›Mein Leben und Streben‹, wie Anm. 1, S. 16.

[10] Kimble, G.-Garmazy, N.-Zigler, E.: ›Principles of Psychology‹, New York 1984, p.194.
Atkinson R.-Hilgard E.-Atkinson R.-: ›Introduction to Psychology‹, Harcourt Brace Jovanovich, Inc

[11] Karl May: ›Mein Leben und Streben‹, wie Anm. 1, S. 14-16, 19-20.

[12] Ebd., S. 30.

[13] Ebd., Anhang des Reprints, S. 526f.

[14] Ebd., S. 30.

[15] Ebd., S. 31.

[16] Ebd., S. 16.

[17] Stäbchen und Zapfen sind Netzhautzellen, die an der Lichtaufnahme beteiligt sind. Ein Mangel an Vitamin A (Retinol) vermindert ihre Funktionsfähigkeit, vor allem in der Abenddämmerung.

[18] Karl May: ›Mein Leben und Streben, wie Anm. 1, S. 16.

[19] Ebd., S. 337 – Fußnote 21.

[20] Ralf Harder: ›Die Erblindung – eine entscheidende Phase im Leben Karl Mays‹, in: Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft (M-KMG), Nr.68/1986, S. 35ff. Vgl. auch Ralf Harder: ›Das Kurländer Palais – Schicksalsstätte für Karl May.

[21] Sakula, A.: ›That the blind may read‹, Journal of Medical Biography 1998; 6:21-27.
Leavesley, Jim: ›Men who led the way for the blind‹, Australian Doctor, 7 May 1999, pp.94-95.

[22] Karl May: ›Deutsche Herzen, deutsche Helden, Dresden 1885–1888, Lfg. 42, S. 994. Vgl. Ralf Harder: Karl May und seine Münchmeyer-Romane – Eine Analyse zu Autorschaft und Datierung, Ubstadt 1996, S. 67f.

[23] Karl May: ›Winnetou I, Freiburg 1893, S. 249.

[24] Karl May: Der Scout, In: Deutscher Hausschatz in Wort und Bild, Verlag Friedrich Pustet, 15. Jg. 1888/89, Nr. 38, S. 600 u. 602.
Vgl.
Ralf Harder: ›Das Kurländer Palais – Schicksalsstätte für Karl May‹:

»Allein durch ›Betasten eine fast unbekannte Person zu erkennen, das vermag ›nur ein Blinder, niemals ein Sehender. Die einzige Ausnahme: Jemand hat die Welt zunächst nur durch ›Ertasten, Lauschen, Riechen und Schmecken kennengelernt und lernt erst danach sehen. Da May, als er diesen Abschnitt für den Scout schrieb, nicht blind gewesen sein kann, muss er es als Kind gewesen sein.
Menschen – mit stets gesunden Augen – hätten etwa so geschrieben: Er lag still. Das Mondlicht fiel auf das Gesicht des Indianers. Welche Überraschung; ich hatte – – Winnetou besiegt!«

[25] Karl May: ›Von Bagdad nach Stambul, Freiburg 1892, S. 430.

[26] Karl May: ›Ardistan und Dschinnistan I, Freiburg 1909, S. 76.

[27] Karl May: ›Am Jenseits, Freiburg 1899, S. 119.

[28] Karl May: ›Das Vermächtnis des Inka, Stuttgart 1895, S. 88.

[29] Karl May: ›Winnetou IV, Freiburg 1910, S. 274.

[30] ›Journal of the American Medical Association, October 9, 1996.

[31] Vgl. Fritz Maschke: ›Karl May und Emma Pollmer, Bamberg 1973, S. 59.

[32] Karl May: ›Old Surehand I, Freiburg 1894, S. 411f.

[33] Zitiert nach: Volker Griese, ›Karl May – Stationes eines Lebens, Sonderheft der KMG, Nr.104/1995, S. 29.

[34] Karl May: ›Mein Leben und Streben, wie Anm. 1, S. 138.

[35] Manuskript von Marie Hannes. Zitiert nach Steinmetz und Sudhoff, in: ›Leben im Schatten des Lichts, Bamberg 1997, S. 87f.

[36] Karl May: ›Die Rose von Ernstthal, in: ›Deutsche Novellen-Flora, Neusalza 1874, S. 202.

[37] Ebd., S. 203.

[38] Vgl. Karl May: ›Das Buch der Liebe, Dresden 1875, S. 102.

[39] Sacks, O.: ›An Anthropologist on Mars‹, Picador edition by Pan Macmillan Australia 1995. – Dieses Buch ist ein Muss für jeden, der am Problem der Erblindung von Karl May interessiert ist. Es muss gelesen werden, um die Verbindung zwischen Fühlen und Sehen zu verstehen, die Augen-Gehirn-Achse, die Eindrücke von Tast-, Hör- und Riechwahrnehmungen. Prof. Oliver Sacks ist auch der Autor von ›The Man who Mistook his Wife for a Hat (›Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte), einer weiteren interessanten medizinischen Studie.

[40] Karl May: ›Mein Leben und Streben, wie Anm. 1, S. 20.

[41] Ebd., S. 32.

[42] Marius von Senden in seinem klassischen Buch ›Space and Sight (›Raum und Sicht‹, herausgegeben 1932) überprüfte jeden veröffentlichten Fall von Leuten, die im Zeitraum von einhundertunddrei Jahren ihr Sehvermögen wiedergewannen. Er erwähnte den Fall von zwei Kindern, deren Augen in frühester Kindheit verbunden worden waren, und die, als die Verbände im Alter von fünf Jahren entfernt wurden, keine Reaktion darauf zeigten, kein Sehen zeigten und blind zu sein schienen. Sie wussten nicht, wie sie ihre Augen benutzen sollten.

[43] Karl May: ›Mein Leben und Streben, wie Anm. 1, S. 31.

[44] Vgl. Dr. William E. Thomas: Karl May und Dissoziative Identitätsstörung

[45] Vgl. Johannes Zeilinger: ›AUTOR IN FABULA – Karl Mays Psychopathologie und die Bedeutung der Medizin in seinem Orientzyklus, Med. Dissertation, Leipzig 1999. Dr. Zeilinger ist der Ansicht, May sei niemals blind gewesen. Dr. Hainer Plaul schreibt jedoch: »Eine Nichte Karl Mays, Frau Ella Langer, geb. Schöne, Glauchau, die mit ihrem Onkel nach eigener Aussage stets im besten Einvernehmen gestanden hat, hat in einem am 1.8.1970 stattgefundenen Gespräch dem Verf. auf Anfrage dieses Gebrechen [Blindheit] bestätigt. Zum Zeitpunkt der Unterredung war die Informantin bereits 92 Jahre alt, jedoch körperlich und geistig auffallend rüstig; …« [Hainer Plaul: ›Der Sohn des Webers – Über Karl Mays erste Kindheitsjahre 1842–1848, in: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1979, Hamburg 1979, S. 91, Fußnote 78.]
  

Ich danke Ralf Harder, der mich auf wichtige Forschungsmaterialien aufmerksam gemacht hat.
Ferner danke ich dem Augenspezialisten Dr. Ariel Borowitz, Elsternwick, Australien, mit dem ich fruchtbare Gespräche geführt habe.
 

  


  

Karl May aus medizinischer Sicht

Karl May – Forschung und Werk