Spiegel Lebius

Hermann Wohlgschaft
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Re: Spiegel Lebius

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Der Artikel von Jürgen Seul (M-KMG Nr. 109) bringt keine Informationen bezüglich der Einstellung Lebius' zum "Dritten Reich".
Das Vorwort Jürgen Wehnerts (zu Lebius: Die Zeugen Karl May und Klara May, Reprint 1991) indessen enthält interessante Auskünfte, die ich entweder seinerzeit übersehen oder im Lauf der Jahre vergessen habe: Lebius war tatsächlich ein Gegner des NS-Regimes. Zwar gründete er 1918 eine antisemitische "Nationaldemokratische Partei" (NDP), die sich gegen die Aufnahme von Juden in den Staatsdienst wandte und alles "Undeutsche" im öffentlichen Leben bekämpfte. Ende der 1920er Jahre aber wurde Lebius zum Gegner Hitlers und der NS-Leute. Er lehnte physische Angriffe auf Juden sowie deren Einrichtungen und Geschäfte scharf ab. Dafür gebührt ihm Respekt und Anerkennung.
Dernen
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Re: Spiegel Lebius

Beitrag von Dernen »

Nö. Meinen Respekt hat er dafür nicht. Ein bißchen diskriminieren ist prima, aber nicht gleich umbringen, was? Hach ja, die herrlichen Konservativen! Von mir aus können Sie ihm Respekt und Anerkennung erweisen, aber sprechen Sie bitte für sich selbst.
Thomas Math
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Re: Spiegel Lebius

Beitrag von Thomas Math »

Stimmt schon,erst wird eine Partei gegründet um jüdischen Deutschen eine Beamtenkarriere zu verwehren (da spielt der Neid eine grosse Rolle wie beim Hass auf May),dann echauffiert man sich wenn Juden die Schaufenster eingeworfen worden.
Ohne diese pseudointellektuelle Hetze gäbe es auch keinen Pöbel,der das ernst nimmt und in die Tat umsetzt.
Aber mit konservativ hat das nichts zu tun,kommt Lebius nicht eher aus der linken Ecke, mal abgesehen davon glaube ich das dieser Mensch nur ein Interesse hatte,sein eigenes.
Hermann Wohlgschaft
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Re: Spiegel Lebius

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Die Reaktionen zeigen, dass ich mich missverständlich ausgedrückt bzw. unvollständig argumentiert habe. Wenn ich "Respekt und Anerkennung" schrieb, so ging ich natürlich davon aus, dass Lebius sich im Verlauf der 1920er Jahre von den Zielen der ehemaligen NDP konsequent distanziert habe und in einem "scharfen Briefwechsel mit Hitler" (Jürgen Wehnert) jede Form der Diskriminierung von Juden abgelehnt habe. Nun kenne ich den Inhalt dieses (noch erhaltenen?) Briefwechsels allerdings nicht. Fest steht aber, dass Lebius 1933 jede publizistische Betätigung verboten wurde, dass er sich aber trotzdem aktiv gegen das Nazi-Regime wandte und 1937 "wegen staatsfeindlicher Tätigkeit" (Wehnert) zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, die er zuerst im Zuchthaus Tegel und ab 1939 im KZ Sachsenhausen verbringen musste. Im April 1944 wurde er wegen eines Prostataleidens vorzeitig entlassen.

Der langen Rede kurzer Sinn: "Respekt und Anerkennung" zolle ich Lebius nur unter der Voraussetzung, dass er seine Gesinnung von Grund auf änderte und für seine neue Überzeugung schwerstes Leid auf sich nahm. Das wäre zwar angesichts seiner Vorgeschichte höchst erstaunlich. Aber für völlig unmöglich halte ich es nicht.
Werner Fleischer

Re: Spiegel Lebius

Beitrag von Werner Fleischer »

Es gibt durchaus bekannte Widerstandskämpfer die zunächst Hitler nahestanden und sich dann von ihm abwandten.

Claus Schenk Graf von Stauffenberg:
"Bei der Reichspräsidentenwahl im April 1932 sprach sich Stauffenberg daher gegen den konservativ-monarchistischen Amtsinhaber Paul von Hindenburg und für Adolf Hitler aus, dessen Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 er ausdrücklich begrüßte. Stauffenberg war an der militärischen Ausbildung der Mitglieder der Sturmabteilung (SA) beteiligt und organisierte die Übergabe von Waffendepots an die Reichswehr. Am 1. Mai 1933 folgte die Beförderung zum Oberleutnant."
zitiert nach Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Claus_Sche ... auffenberg


Sophie Scholl
"Sophie Scholl glaubte zunächst wie ihr zweieinhalb Jahre älterer Bruder Hans Scholl an das von den Nationalsozialisten propagierte Gemeinschaftsideal und trat dem Bund Deutscher Mädel (BDM) bei. Sie veranstaltete wie ihr Bruder Mutproben und Härtetests, um sich und den anderen das Äußerste abzuverlangen."
zitiert nach Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Sophie_Scholl

Sicherlich mit die bekanntesten, aber es gibt viele weitere Beispiele dafür das Menschen ihre Meinung änderten und aktiv gegen Hitler eintraten. Hierzu gehörte sicherlich einiges an Mut und die Bereitschaft unangenehme Konsequenzen auf sich zu nehmen. Sicherlich hatte Lebius das Glück das er vor dem Krieg und nicht mitten im Krieg verhaftet wurde. Ansonsten wäre er wohl vor dem Volksgerichtshof gelandet.
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