Lieferung 64

Karl May

9. Februar 1884

Waldröschen
oder
Die Rächerjagd rund um die Erde.

Großer Enthüllungsroman
über die
Geheimnisse der menschlichen Gesellschaft

von

Capitain Ramon Diaz de la Escosura.


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Rede fertig, so bin ich zugleich fertig mit Ihnen. Sie stellen mich und meine Schwester zu einer gewissen Categorie von Mädchen, deren es bei Ihnen jedenfalls hundertmal mehr giebt, als bei uns; aber Sie irren sich. Glauben Sie es oder nicht, das ist mir sehr gleichgiltig; aber ich sage Ihnen, daß es noch kein Mann gewagt hat, mich so zu berühren, wie Sie es in Ihrer Absicht haben. Ich hatte eben noch nie geliebt, als bis ich Sennor Berthold sah. Er stand mir fern und ich konnte mich ihm nicht nähern. Da hörte ich von Ihrer Offerte und ich meldete mich. Jetzt erst erhielt er Gelegenheit, mich kennen zu lernen. Ist es ihm möglich, mich zu lieben, so werde ich ein glückliches Weib sein, liebt er mich aber nicht, so kehre ich zurück und werde in einem Kloster meine unglückliche Neigung zu besiegen versuchen.«

Dieses offene Geständniß war so scharf, so fest und sicher ausgesprochen, daß der Offizier an die Wahrheit desselben glauben mußte; sein Leichtsinn bekam aber sofort die Oberhand; darum fragte er:

»Ah, also Sie lieben diesen Monsieur Berthold?«

»Ja.«

»Und er Sie?«

»Ich weiß es nicht.«

»Ihm würden Sie also die Bitten erfüllen, welche ich vergebens an Sie stelle?«

»Ja.«

»Und wenn er Sie dann verließe?«

»Dies würde er nicht thun; er ist ein Ehrenmann. Ein Deutscher ist kein Franzose.«

»Danke, Sennorita, für dieses Compliment! Aber wenn er Sie doch verließe? Wenn es sich doch herausstellte, daß er kein Ehrenmann ist und daß Sie sich geirrt hätten?«

»So würde ich vor Gram sterben, ihm aber vorher den Dolch ins Herz stoßen.«

»Ah!« rief er ungläubig.

»Sicher! Ich bin eine Mexikanerin!«

»Haben Sie denn einen Dolch?«

»Ja.«

»Ah pah!«

»Sie zweifeln? Glauben Sie wirklich, daß eine Mexikanerin sich einem Manne anvertraut, ohne einen Dolch zu besitzen?«

»Das klingt sehr romantisch! Wie viele Leihbibliotheken haben Sie durchgelesen?«

»Keine einzige. Aber um Sie zu überzeugen, da fühlen Sie!«

Er fühlte plötzlich ein kaltes, scharfes Eisen an seiner Wange; er fuhr erschrocken zurück.

»Donnerwetter, seien Sie vorsichtig!« warnte er.

»Ich gebe Ihnen diesen Ruf zurück. Eine Mexikanerin pflegt nur zweimal abzuwehren. Das erste Mal zerbricht sie das Monocle und das zweite Mal - -«

»Sticht sie zu, wollen Sie doch nicht etwa sagen?«


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»O doch; grad das will ich sagen.«

»Sie scherzen! Eine so gefährliche Waffe gehört nicht in Frauenhände. Man wird sie Ihnen zu entreißen wissen.«

»Versuchen Sie das um Gottes willen nicht! Die Spitze ist mit Curare vergiftet. Selbst wenn Sie Ihre ganze Compagnie aufböten, mir den Dolch zu nehmen, würden Sie nicht zum Ziele kommen, denn der kleinste Ritz tödtet augenblicklich.«

"Bei Gott, sie sind eine Furie!"

»Bei Gott, Sie sind eine Furie!« meinte er mit hörbarem Entsetzen, während er sich schleunigst so weit wie möglich zurückzog.

»Aber eine schöne!« parodirte sie seinen frühern Ausdruck.

»Leider!« antwortete er. »Wie alt sind Sie, Sennorita?«

»Achtzehn.«

»Ihre Schwester?«

»Siebzehn.«

»Alle Teufel! Achtzehn und siebzehn und bereits so giftig und entschlossen! Sagen Sie mir, ob Sennorita Zilli auch einen Dolch besitzt?«

»Natürlich!«

»Und sie hat ihn bei sich?«

»Das versteht sich!«

»Auch dann, wenn sie sich beim Capitän befindet?«

»Dann erst recht und ganz sicher.«

»Mon dieu! Es wird doch nichts passiren!«

»Vielleicht nicht. Es kommt ganz auf das Verhalten des Hauptmannes an.«

»So muß ich ihn schleunigst warnen!«

»Ah, das ist unnöthig.«

»Warum?«

»Zilli wird ihn schon selbst warnen.«

»Das ist nicht genug. Es ist meine Pflicht, sofort selbst zu ihm zu gehen.«

»So gehen Sie!«

»Und Sie? Was werden Sie einstweilen thun?«

»Ich gehe auch. Oder denken Sie, daß ich mich in Ihrem Zelte so übermäßig glücklich fühle, daß ich es nie verlassen möchte? Gute Nacht, Sennor.«

»Gute Nacht, Sennorita!«

»Auf Wiedersehen morgen!«

»Aber nicht in meinem Zelte, hoffe ich!«

Sie ließ abermals ihr halblautes, metallisches Lachen hören, dann ging sie. Er stand an der hintersten Wand des Zeltes und wartete, bis sie verschwunden war; dann sagte er zu sich, indem er tief Athem holte:

»Alle Teufel, war das ein Schreck! Ich habe da wirklich tagelang nur mit dem Tode gespielt. Eine ganz verteufelte Katze! Dieses Curaregift ist fürchterlich; ich danke ganz ergebenst. Aber nun bin ich noch viel toller in sie verliebt als vorher. Ein Mädchen von diesem Caliber kann Einen ganz verrückt vor Liebe machen. Man muß warten, bis sie einmal diesen Dolch zufälliger Weise nicht bei sich hat. Oder man überfällt sie unerwartet, hält sie fest, so daß sie sich nicht rühren kann und läßt ihr das Werkzeug entreißen. Dieser Berthold aber soll es


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mir entgelten. Wehe ihm, wenn sie heut noch zu ihm geht! Ich werde sofort den Capitän aufsuchen, um ihn zu warnen und das Nöthige mit ihm zu besprechen. Vorwärts!«

Er verließ sein Zelt und trat heraus in das Freie.

Die Mehrzahl der Soldaten schlief bereits; die Pferde weideten ringsum und stießen zuweilen jenes Schnaufen aus, welches dem Eingeweihten die Nähe feindlicher Menschen verkündet. Sie witterten die Apachen. Die Franzosen aber hatten kein Verständniß für dieses Zeichen. Die Feuer waren ziemlich niedergebrannt, so daß ringsum ein eigenthümliches Halbdunkel herrschte, in welchem jede Bewegung eines Thieres oder eines Busches, eines Zweiges ein gespenstisches Aussehen erhielt. Daher zogen die Soldaten es vor, sich diesem Eindrucke zu entziehen und, in ihre Decken gewickelt, den Schlaf herbei zu gähnen.

Der Oberlieutenant trat an das Zelt des Hauptmannes. Er konnte dies ungehört thun, da das Gras seine Schritte dämpfte. Er lauschte und hörte eine männliche und eine weibliche Stimme, welche sich halblaut mit einander unterhielten. Da die Wand des Zeltes nur aus dünnem Gummi bestand, konnte er jedes Wort verstehen.

»Also Sie wollen mir nicht angehören?« fragte soeben der Hauptmann.

»Nie.«

»Weil Sie mich nicht lieben?«

»Ja.«

»Ah, das ist aufrichtig! Ihr Herz gehört einem Andern?«

»Ja.«

»Und dieser Andere ist dieser verdammte Doctor Willmann?«

»Ja.«

»Merken Sie denn nicht, daß Ihr Widerstand eine Lächerlichkeit ist?«

»Ich habe keine Ahnung von dieser Lächerlichkeit.«

»Nun, ich brauche Sie ja nur zu zwingen!«

»Wie wollten Sie dies anfangen?«

»Sehr einfach, ich umarme Sie.«

»So werde ich um Hilfe rufen.«

»Pah!« lachte der Hauptmann. »Wer soll Ihnen helfen? Etwa meine Soldaten? Diese würden Sie nur auslachen.«

»So weiß ich eine andere und bessere, eine sehr gründliche Hilfe.«

»Welche?«

»Fühlen Sie, Sennor!«

Es entstand eine kurze Pause, nach welcher der Hauptmann erschrocken ausrief:

»Alle Wetter, was war das? Das war ja Stahl, ein Dolch! Geben Sie her!«

»Um Gotteswillen, Sennor, greifen Sie nicht zu! Die Spitze ist vergiftet!«

In demselben Augenblicke stand auch schon der Oberlieutenant am Eingange und bestätigte:


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»Ja, vergiftet mit dem fürchterlichen Curare. Um aller Heiligen willen, befehlen Sie, daß dieses Mädchen sich entferne!«

Der Hauptmann war aufgesprungen, erst vor Schreck und dann vor Ueberraschung, daß der Premierlieutenant so plötzlich vor ihm stand.

»Donnerwetter, Sie haben uns belauscht?« fragte er zornig.

»Ich habe nur die letzten Worte gehört. Ich kam, Sie zu warnen.«

»Wovor?«

»Vor dem Curaredolch.«

»Es ist also wirklich wahr?«

»Vollständig.«

»Woher wissen Sie dies so genau?«

»Die Andere hat einen eben solchen Dolch. Die drohte mir mit demselben.«

»Ah, grad wie diese hier!«

»Darum habe ich sie augenblicklich fortgeschickt. Ich rathe Ihnen, dasselbe zu thun.«

»Hm, doch nicht! Ich werde ihr die Waffe nehmen.«

»Versuchen Sie es!« sagte das Mädchen kaltblütig.

»Um Gottes willen, unterlassen Sie das, Capitän!« warnte der Lieutenant erschrocken. »Der kleinste Hautritz wirkt augenblicklich tödtlich.«

»Wetter! So muß ich Ihrem Rathe folgen. Sennorita, gehen Sie!«

»Ich gehe,« sagte das Mädchen. »Und ich hoffe, nicht wieder in die Lage zu kommen, mit meiner Waffe drohen zu müssen. Eine Mexikanerin ist kein Pariser Mansardenmädchen. Merken Sie sich das, Sennores! Gute Nacht!«

Sie ging. Der Capitän blickte ihr wortlos nach, bis sie in ihrem Zelte verschwunden war; dann wendete er sich an den Lieutenant mit der Frage:

»Dies war jedenfalls nur ein Theatercoup?«

»Gott bewahre! Die Dolche sind wirklich vergiftet.«

»Unmöglich! Solche Mädchen und solche Waffen!«

»Ja, sie sind achtzehn und siebzehn Jahre alt; Sie haben die Jüngere; aber diese Mexikanerinnen sind eine höchst gefährliche Sorte!«

»Das war ein ganz verteufeltes Intermezzo. Ich glaubte, dem Siege schon nahe zu sein!«

»Hols der Teufel! Auch ich koche vor Grimm. Die Meine ist in diesen Doctor Berthold bis über die Ohren verliebt.«

»Hat sie es Ihnen gestanden?«

»Versteht sich! Frank und frei!«

»Und die Meinige in Doctor Willmann.«

»Sie gestand es Ihnen auch?«

»Natürlich! Es ist zum Zerplatzen! Was thut man da? Ich bin, glaube ich, in diese Hexe nun erst recht verliebt!«

»Grad so geht mirs ja auch! Wenn nur diese vermaledeiten Dolche nicht wären.«

»Hm, man könnte sie ihnen abnehmen.«

»Mit Gewalt nicht. Diese Pepi hat mich schüchtern gemacht. Man müßte sie höchstens überraschen. Und da weiß man nicht genau, ob man den Zweck erreicht.«


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»So wendet man List an!«

»Ah! Welche?«

»Nun, das ist sehr einfach. Sie sind in die beiden Deutschen vernarrt; man thut, als ob man den beiden Kerls an das Leben wolle und sie nur durch Uebergabe der Dolche loskaufen lasse.«

»Dieser Gedanke ist sehr gut. Wann führen wir ihn aus?«

»Natürlich heut noch. Morgen Abend sind wir in Fort Guadeloupe; dann ist es zu spät.«

»Einverstanden! Ich möchte wetten, daß die beiden Mädchens baldigst ihre Liebhaber aufsuchen; dann kann es losgehen. Passen wir gut auf!

»Ja, passen wir auf.«

»Wo?

»Hier, bei meinem Zelte. Von hier aus kann man es am Besten beobachten. Gehen wir in den Schatten, wo uns Niemand sehen kann.«

Sie traten mit einander hinter das Zelt zurück. Dort blieb der Capitän augenblicklich halten und lauschte.

»Was ists?« fragte der Lieutenant.

»Es war mir, als hätte ich gesehen, daß sich da das Gras bewegte.«

»Ich sah nichts.«

»Und als hörte ich ein leises Knacken, als ob es von Handgelenken herkäme.«

»Pah, die Luft hat mit einem dürren Ast gespielt.«

»Jedenfalls. Die Wachtfeuer bringen eigenthümliche Schatten hervor. Man möchte zuweilen denken, daß jeder Grashalm Leben habe. Legen wir uns nieder!«

Der Capitän hatte wohl gar sehr recht gesehen. Das ganze Rondel war von Apachen besetzt. Sie hatten die Franzosen kommen sehen und Alles beobachtet. Der schwarze Gérard aber fühlte bei dem Gedanken, daß so viele Menschen getödtet und scalpirt werden sollten, ein inniges Mitleid. Er sprach Bärenauge zu, dieser aber forderte unbedingt die Scalpe; daher nahm Gérard sich vor, erst einmal zu lauschen, ob er nicht Etwas entdecken könne, was geeignet sei, einen Grund zur Gnade abzugeben. Darum huschte er nieder und glitt unbemerkt bis an das Zelt des Lieutenants. Dort hörte er jedes Wort, welches zwischen diesem und Pepi gesprochen wurde. Als das Mädchen dann das Zelt verlassen hatte und der Premier nach demjenigen des Capitäns ging, huschte auch der Jäger von hinten herbei und war Zeuge der nun folgenden Unterredung. Als er genug gehört hatte, schlich er zurück und das gerade noch zur rechten Zeit; denn hätte er nur einen Augenblick länger gewartet, so wäre er von dem Capitän ganz deutlich gesehen worden. So aber gewann er glücklich den Rand des Thales und stieg hinter den Sträuchern bis dahin empor, wo der Apachenhäuptling stand.

»Mein Bruder hat viel gewagt,« bemerkte dieser.

»Nicht sehr viel,« antwortete Gérard. »Diese Leute kennen die Savanne nicht.«

»Aber es brannten viele Feuer!«

»Ich verstehe das Anschleichen wohl zur Genüge!«

»Mein Bruder ist ein sehr guter Jäger. Er war sicher. Wenn er entdeckt


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worden wäre, so würden wir sofort über diese dummen Leute hergefallen sein. Was hat er da unten gesehen und gehört?«

»Nicht viel Gutes. Ich bat vorhin meinen rothen Bruder, mir das Leben aller dieser Männer zu schenken, sie sollten nur gefangen sein und nach Fort Guadeloupe transportirt werden - - -«

»Ich muß nein sagen. Meine Apachen ziehen auf den Pfad des Krieges, um sich die Scalps ihrer Feinde zu holen.«

»Mein Bruder hat recht. Diese Männer kommen nach Mexiko, um die Einwohner zu tödten, das Land zu verwüsten und einen guten Mann, der ein deutscher Prinz ist, in das Verderben zu stürzen. Aber einige Leben sollte mir mein Bruder dennoch schenken. Ich nehme dafür nichts von der Beute weg.«

»Wie viele Leben forderst Du?«

»Das Leben der Frauen.«

»Die tapferen Krieger der Apachen führen nicht mit Frauen Krieg,« antwortete Bärenauge stolz. »Der Scalp eines Weibes gilt so wenig, wie das Fell einer Maus. Das Leben der Frauen sei Dir geschenkt.«

»Ich danke Dir. Aber es sind noch zwei Männer dabei, welche ich schonen möchte.«

»Warum?«

»Weil sie nicht Feinde dieses Landes sind, sondern gute Menschen.«

»Sind es Krieger?«

»Nein; es sind kluge Medizinmänner, welche nur kommen, um die heilsamen Kräuter dieser Gegend kennen zu lernen.«

»So müssen sie auch sterben.«

»Warum?«

»Wenn sie in ihrem Lande erzählen, welche Kräuter es giebt, so werden bald tausende von Bleichgesichtern kommen, um uns diese Kräuter zu nehmen und das Land mit unsern Jagdgründen dazu. Die Bleichgesichter thun es stets so.«

»Und dennoch weiß ich einen Grund, daß Du mir ihr Leben schenkst.«

»Sage mir ihn! Bärenauge ist gerecht und gütig; er tödtet nicht gern einen Menschen, wenn es einen guten Grund giebt, ihm das Leben zu schenken.«

»Du kennst den Namen Sternau?«

»Ja. Er war der größte Jäger der Weißen und wurde »der Fürst des Gebirges« genannt. Er liebte die Kinder der Apachen und hat nie einen ihrer Krieger getödtet.«

»Und Du kennst auch den Namen Helmers?«

»Ja. Er wurde Donnerpfeil genannt und war ein Freund meines großen Bruders Bärenherz, dem ich alle sieben Tage das Leben eines Bleichgesichtes opfere. Sternau und Helmers zogen fort mit Bärenherz und nun sind sie verschollen.«

»Weißt Du, aus welchem Lande diese beiden großen Jäger waren?«

»Ich habe es auf der Hazienda del Erina erfahren. Sie waren aus dem fernen Lande Germania, dessen Bewohner alle Freunde der Apachen sind.«

»Nun wohl! Die beiden Männer, deren Leben ich von Dir erbitte, sind aus demselben Lande Germania.«

»Weiß mein Bruder dies genau?«


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»Ja.«

Der Apache schwieg eine ganze Weile, dann sagte er:

»Um meines Bruders Bärenherz willen sei Dir das Leben dieser Beiden geschenkt. In welchem Zelte befinden sie sich?«

»Sie haben Jeder ein eigenes Zelt. Die beiden Wigwams stehen hart neben einander dort, wohin jetzt der Schein des hellsten Feuers fällt.«

»So werde ich jetzt meinen Kriegern befehlen, das Leben dieser Beiden und der Frauen zu schonen, denn diese sind das Eigenthum meines Bruders.«

»Und ich werde wieder hinunter gehen, um sie zu schützen.«

»Befinden sie sich in Gefahr?«

»Ja. Sie sollen vielleicht gar von den Franzosen getödtet werden.«

»Diese neun mal zehn Franzosen werden sterben, bevor es ihnen gelungen ist, die Schützlinge meines Bruders anzurühren. Ich werde meine Krieger jetzt vorrücken lassen, und mein Bruder mag mir ein Zeichen geben, wenn wir beginnen sollen.«

»Gut. Sobald ich den ersten Schuß abfeure, kann es losgehen.«

Er schlich sich ebenso leise und vorsichtig wieder hinab, wie er heraufgekommen war.

Unterdessen saßen die beiden Schwestern allein im Frauenzelte und erzählten sich ihre Unterredungen mit den Offizieren. Die drei andern Mädchen befanden sich bei ihren Liebhabern.

»Also Du glaubst, daß sie uns jetzt fürchten und in Ruhe lassen werden?« fragte Zilli.

»Ich glaube, daß sie uns fürchten, aber ich glaube nicht, daß sie uns aufgeben.«

»Was sollen sie denn sonst thun?«

»Sie werden versuchen, uns unsere Waffen abzunehmen.«

»Das soll ihnen nicht gelingen und würde ihnen auch nichts helfen, gar nichts.«

»Warum?«

»Weil wir ja bereits morgen in Fort Guadeloupe sein werden.«

»Daher werden sie sich Mühe geben, uns noch heut zu entwaffnen.«

»Ich werde mich wehren.«

»Ich auch.«

»Doctor Willmann wird mir beistehen.«

»Der Dich nicht liebt?«

»Er ist ein Caballero, der nicht dulden wird, daß man mich beleidigt.«

»So ist Sennor Berthold auch.«

»Gehen wir jetzt zu ihnen?«

»Ja.«

»Sollen wir ihnen nicht lieber sagen, wer und was wir sind?«

»Nein; sie mögen uns immer Pepi und Zilli nennen und denken, daß wir ganz arme und gewöhnliche Mexikanerinnen sind.«

»Aber wenn sie die Wahrheit erfahren, werden sie uns vielleicht lieben!«

»Ich will geliebt sein um meiner selbst willen, nicht aber meines Standes wegen. Komm, laß uns gehen; aber vorsichtig, damit wir nicht bemerkt werden!«


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Sie traten aus dem Zelte heraus und huschten über den von Schatten und Reflexen überzuckten Grasboden hin. Pepi erreichte das Zelt Bertholds, bog sich nieder, öffnete die verhängte Thür ein Wenig und fragte leise:

»Schlaft Ihr bereits, Sennor?«

»Nein,« antwortete es von innen.

»Darf ich eintreten?«

»Ja; ich bitte!«

Bei diesen Worten wurde von Innen der Eingang so geöffnet, daß sie eintreten konnte. Es war vollständig finster; daher blieb sie stehen. Bald aber flackerte ein Zündholz auf; es wurde ein Wachsstock angebrannt, und nun war Alles zu erkennen.

Das Zelt bestand aus einem einzigen Stücke starken, wasserdicht gemachten Kirchisenfilzes, und selbst der Eingang legte sich so fest vor, daß, wenn im Innern Licht gebrannt wurde, kein Strahl desselben nach Außen dringen konnte. Der Boden war mit einem dicken Teppich bedeckt, auf welchem zwei gestickte Rollen lagen, welche als Sitz oder Kopfkissen dienen konnten.

Der Inhaber des Zeltes war jung und schön, höchstens achtundzwanzig Jahre alt. Seine Kleidung, sein ganzes Aeußeres, seine goldene Brille, nichts von Alledem wollte in die Savanne oder in die Teufelsberge passen, wo er sich jetzt befand.

»Setzt Euch, Sennorita,« sagte er mit klangvoller Stimme, indem er auf die zweite Rolle deutete. »Ich versprach, Euer Kommen zu erwarten; Ihr bliebt aber sehr lange aus.«

»Ich mußte mit dem Oberlieutenant speisen,« entschuldigte sie sich.

Bei diesen Worten zogen sich seine Brauen zusammen und er sagte:

»Wieder bei ihm! Müßt Ihr denn?«

»Ich muß.«

»Und dennoch behauptet Ihr, mich zu lieben!«

Sie senkte demüthig das schöne Köpfchen und antwortete nicht. Dies schien ihn zu rühren. Sein Gesicht erhellte sich langsam wieder, und er fragte:

»Was thut Ihr bei ihm, wenn Ihr dort seid, Sennorita?«

»Er ißt, und ich muß auch ein Weniges nehmen.«

»Und dann?«

»Und dann,« antwortete sie erröthend, »spricht er zu mir von seiner Liebe.«

»Er spricht blos?«

»Was sonst?«

»Er zeigt Euch seine Liebe nicht auf andere Weise?«

»O, Sennor, er möchte wohl, aber er darf nicht.«

»Und das soll ich glauben?«

Da blickte sie ihm voll und offen in die Augen und antwortete:

»Sennor, seid nicht grausam, sondern glaubt es mir!«

Er konnte diesem ehrlichen, wahrheitsvollen Blicke nicht widerstehen, fragte aber doch:

»Er umarmt Euch nicht, Sennorita?«

»Nein.«

»Und küßt Euch nicht?«


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»Nur die Hand hat er mir geküßt.«

Sie saß so demüthig da vor ihm, beleuchtet von der kleinen Flamme. So wie das Lichtchen über sie dahinflackerte, war sie in dem dünnen Röckchen, welches alle ihre Formen wiedergab, und der offenen Jacke, unter welcher der volle Busen das Sammetmieder fast zersprengte, sinnberückend schön. Dieser Eindruck war so mächtig, daß er in mildem Tone sagte:

»Sennorita, ich habe recht herzliches Mitleid mit Euch!«

Sie schwieg, als ob sie von einer schweren Schuld bedrückt werde, und er sah, daß sie sich alle Mühe geben mußte, eine aufsteigende Thränenfluth zurückzudrängen.

»Ich sah in Mexiko, der Hauptstadt, ein Mädchen, dem Ihr außerordentlich ähnlich seid,« fuhr er fort. »Es war in der Kathedrale. Ich kniete dort und betete; da intonirte die Orgel leise; das Chor der Sänger hauchte leise Accorde auf die Beter herab, und da plötzlich erklang eine herrliche, entzückende Altstimme laut und voll durch den weiten Raum, so rein und entzückend, daß sich Aller Augen emporrichteten. Ich sah nur den Kopf der Sängerin; es war ein wunderbar schöner Kopf; er mußte einem Mädchen in Eurem Alter gehören. Ich sah nur ihn, und ich hörte nur die Altstimme, welche das Benedictus qui venit in einer Klangfarbe sang, wie ich sie so entzückend noch nie gehört hatte. Ich erkundigte mich nach der Sängerin, und seit jenem Tage ist mir der herrliche Kopf und dieses Benedictus nicht wieder aus dem Sinne gekommen.«

Während er sprach, leuchteten seine Augen in heller Begeisterung, jetzt aber senkte er den Blick betrübt zur Erde. Er bemerkte nicht, daß auf ihrem Gesichte die Farbe wechselte, daß ihr Busen auf und nieder stieg. Doch sie beherrschte sich und fragte mit gedämpfter Stimme, wie um den Klang derselben nicht zu verrathen:

»Ihr habt Euch also nach ihr erkundigt?«

»Ja,«

»Habt Ihr erfahren, wer sie war?«

»Ja. Sie war eine reiche, hohe Grafenstochter.«

»Ah, und Ihr liebtet sie?«

»Hoffnungslos. Ich habe sie nicht wieder gesehen. Ich erfuhr, daß sie Braut sei, Braut zugleich mit ihrer Schwester, und habe Mexico verlassen.«

»O, warum bliebt Ihr nicht! Vielleicht hat sie auch Euch bemerkt!«

»Es war mir, als ob ihr Auge auf mir ruhte. Aber selbst wenn dies keine Täuschung gewesen wäre, was hätte es mir genützt? Ich kämpfte mit mir; ich glaubte, dieser Liebe Herr geworden zu sein. Da erblickte ich Euch in Chihuahua, Sennorita, als Ihr mit Eurer Schwester Euch unserem Zuge anschlosset, und da erwachte diese Liebe mächtiger wieder, als sie vorher gewesen war.«

Ihr Blick leuchtete für einen Augenblick wonnig auf, doch drückte sie die Hand auf das Herz, wie um dasselbe zu beruhigen, und fragte:

»So sehe ich ihr also wirklich ein Wenig ähnlich?«

»Sehr, o sehr, Sennorita. Wenn ich Euch so vor mir sitzen sehe, so ist es mir, als ob ich vor Euch niederfallen solle, um Euch anzubeten, oder als ob ich


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Euch an mein Herz drücken solle, als das Schönste, Reinste und Herrlichste, was es auf Erden giebt; aber dann - dann - - dann - - -«

»Dann? Was wolltet Ihr sagen, Sennor?«

»Dann muß ich mich fragen, was Ihr seid.«

»Ein armes, verlassenes Mädchen!« hauchte sie.

»O, wollte Gott im Himmel, daß Ihr arm und verlassen wärt, aber Ihr seid auch noch mehr. O, mein Gott, ist das so traurig!«

Er beschattete sein Auge mit der Hand und lehnte den Kopf an die Zeltwand. Sie sah das. Sein Weheruf drang ihr in die tiefste Seele. Sie glitt von der Rolle herab, so daß sie auf dem Boden kniete; sie erfaßte seine Hand, zog sie herab zu sich und bat mit bebender Stimme:

»Sennor, um Gottes Barmherzigkeit willen, seht mich an! Ich schwöre Euch bei allen Heiligen, bei Gott und meiner Seligkeit, daß ich nichts, nichts bin als nur arm und verlassen. Ihr irrt Euch. Ich bin ganz so rein, ganz so schuldlos wie die Sängerin des Benedictus. Glaubt es mir! Glaubt es mir!«

»Und geht mit französischen Soldaten in die Welt hinaus?«

Im Tone seiner Stimme lag ein förmlich niederschmetternder Vorwurf. Sie bebte zusammen; sie ergriff auch seine andere Hand. Sie legte seine beiden Hände auf ihr laut und stürmisch klopfendes Herz. Sie wollte sprechen; sie wollte bitten und flehen, aber sie konnte nicht, denn in diesem Augenblick wurde die Thür gewaltig aufgestoßen, und der Capitän stand vor den Beiden. Er überflog die Scene mit einem in diesem Momente vollständig undefinirbaren Blicke und sagte:

»Ah, Entschuldigung! Ich wollte wirklich nicht stören. Aber, Sennor, habt Ihr vielleicht einen Augenblick Zeit?«

»Gewiß,« antwortete Berthold schnell gefaßt.

»So habt die Güte, Euch einmal in mein Zelt zu bemühen. Es ist etwas geschehen, so daß man sehr schnell Eurer bedarf.«

»Was ist es?«

»Es ist nichts für Damenohren. Uebrigens wird es für die Sennorita gerathen sein, sich nach ihrem Zelte zu verfügen.«

Pepi war beim Anblicke dieses Mannes ganz erschrocken vom Teppich emporgefahren; sie stand da, wie mit Blut übergossen. Der Doctor reichte ihr die Hand und sagte in ungewöhnlich sanftem Tone:

»Ja, es ist wahr, wir haben uns sehr verspätet. Ich wünsche Euch eine gute Nacht, Sennorita!«

Damit folgte er dem Capitän, während Pepi nach ihrem Zelte eilte.

»Was ist geschehen?« fragte Berthold unterwegs den Hauptmann.

»Ihr werdet es gleich sehen. Kommt nur mit,« antwortete dieser.

Bei seinem Zelte angekommen, öffnete er dieses und schob den Deutschen hinein.

»Hier ist er; fest, Jungens!«

Diesen Befehl des Capitäns hörte Berthold noch, dann fühlte er sich von mehreren Händen gepackt; zwei Fäuste preßten ihm die Kehle zusammen, so daß er keinen Laut von sich geben konnte; er wurde gebunden, geknebelt und dann zu Boden geworfen, wo er vollständig hilflos liegen blieb.


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Zilli, die jüngere Schwester, war in das Zelt Willmanns getreten. Es hatte ganz denselben Stoff und Bau, wie dasjenige seines Freundes. Willmann stand wohl in dem gleichen Alter wie dieser, doch war er nicht schwarz, sondern blond. Sein blaues Auge schien einen harten, scharfen Glanz zu haben; wer ihn aber genau kannte, der wußte, daß er ein zartes, weiches Gemüth und ein tief fühlendes Herz besaß.

»Guten Abend, Sennor!« grüßte sie leise und verlegen.

Er saß auf einer Rolle wie sein Freund, hatte auch einen Wachsstock brennen und las in einem Buche. Er blickte von demselben auf und antwortete:

»Guten Abend, Sennorita! Was wollet Ihr?«

Das klang so scharf, so abweisend. Sie erbleichte und antwortete:

»Ich meinte, Ihr hättet mir gestern für heute den Zutritt erlaubt, Sennor?«

Er besann sich und sagte schnell:

»Ach ja! Setzt Euch!«

Sie nahm auf der zweiten Rolle ihm gegenüber Platz. Er sah in das Buch und las weiter, ohne die geringste Notiz von ihr zu nehmen. Sie saß so demüthig, so ergeben vor ihm; er bemerkte es nicht. Ihr Auge wurde feucht. Es vergingen fünf Minuten und abermals fünf; da war es ihm als wenn er einen eigenthümlichen, gutturalen Laut höre, gerade so, als wenn man ein schweres Schluchzen mit aller Gewalt niederkämpft. Er blickte auf und auf Zilli hin. Sie saß leichenblaß vor ihm, so schön, so wunderschön, als ob ein Bildhauer eine Statue hingesetzt und mit der dünnen mexikanischen Tracht verhüllt habe, die aber eigentlich als gar keine Verhüllung bezeichnet werden konnte. Aber diese Statue hatte Leben. Der schöne Busen hob und senkte sich unter einer Bewegung; die Mundwinkeln zuckten krampfhaft und über die marmornen Wangen tropfte eine schwere Thräne nach der andern.

»Warum weint Ihr?« fragte er kurz.

»Ich bin so traurig,« antwortete sie in leisem, verzagtem Tone.

»Warum?«

Sie warf einen langen, ganz unbeschreiblichen Blick in sein scheinbar kaltes Angesicht und schwieg. Da sprach auch er nicht. Er las weiter und weiter, aber immer öfterer kehrte sein Auge zu ihr zurück. Sie wagte nicht zu ihm aufzublicken, aber da drang plötzlich ein weicher, warmer Laut an ihr Ohr:

»Zilli!«

Sie blickte schnell und fragend zu ihm empor.

»Grad so weinende Augen habe ich bereits einmal gesehen.«

»Wo, Sennor?« fragte sie bebend.

»In Mexiko. Ich wurde zu einer Schwerkranken gerufen, bei der ich fast stets eine junge Dame traf, welche die Alte aus Mitgefühl besuchte. Ich habe ihr Gesicht nur einmal auf einen flüchtigen Augenblick gesehen, denn so oft ich eintrat und sie zugegen war, verschleierte sie sich augenblicklich. Dies Gesicht war schön, so schön und rein, aber ich sah mehr die Augen als dieses Gesicht, denn sie standen schwer voller Thränen. Diese junge Dame besaß ein reiches, tiefes Gemüth; sie war ein Engel, den ich nicht wieder vergessen habe und zu dem ich auch noch


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jetzt bete. Und ihre Augen waren ganz genau diejenigen, die ich jetzt bei Euch hier sehe.«

»Ihr liebtet sie, Sennor?«

Er zögerte zu antworten, sagte dann aber doch unter einem tiefen Seufzer:

»Leider, ja! Auch wir Männer sind schwach. Sie aber war ein reiches Grafenkind und noch dazu Braut, Braut zugleich mit ihrer Schwester. Ich wollte meinem Leide entfliehen und verließ Mexiko, habe es aber in Chihuahua doppelt wieder gefunden, denn Ihr seid ganz das Ebenbild jenes herrlichen Wesens, ganz so jung, so schön, scheinbar so reich und tief an - - scheinbar, oh warum doch scheinbar!«

Er wendete sich ab. Sein Gesicht hatte plötzlich einen ganz andern Ausdruck angenommen. Es war als ob er alle Kraft zusammen nehmen müsse, um ein tiefes, schweres Leid hinab zu kämpfen; ja, als ob er gar mit Thränen ringe.

Da sprang sie von ihrem Sitze empor. Mit einer jähen Bewegung ergriff sie seine Hände, zog sie an sich und sagte mit flehender Stimme:

»Sennor, nicht weinen, nicht weinen! Ich kann Euch nicht traurig sehen! Ihr zweifelt an mir, doch Ihr irrt, denn ich versichere Euch, daß - - -«

Sie hielt erschrocken inne, denn die Thür war geöffnet worden und der Hauptmann stand vor ihnen. Er überflog die Gruppe mit einem grimmigen Blicke, beherrschte sich aber doch und sagte in einem möglichst freundlichen Tone:

»Verzeihung, Sennor! Doctor Berthold läßt Euch schleunigst bitten!«

»Wozu? Wo ist er?«

»In meinem Zelte.«

»Was wünscht er von mir?«

»Er hat einen meiner Leute in Behandlung. Der Mann ist ganz plötzlich krank geworden und leidet die fürchterlichsten Schmerzen.«

»Was fehlt ihm?«

»Ich glaube, er ist von einer Klapperschlange gebissen worden.«

»Klapperschlange? Hier in dieser Gegend und so kurz nach einem solchen Regenwetter? Das ist sehr unwahrscheinlich. Wenn es hier wirklich Klapperschlangen giebt, so haben sie sich jedenfalls vor der Feuchtigkeit verkrochen. Aber wenn der Mann gebissen worden ist, so muß man ihm so viel Spirituosen zu trinken geben, daß er besinnungslos wird. Ich werde sogleich kommen.«

»Ich soll Euch sogleich mitbringen.«

»Gut, ich gehe ja schon.« Und sich zu dem Mädchen wendend, fügte er hinzu: »Verzeihung, Sennorita! Ihr seht, daß ich in Anspruch genommen werde. Vielleicht sprechen wir dieser Tage weiter über das Thema, welches jetzt unterbrochen wird. Gute Nacht!«

»Ja, gute Nacht!« meinte auch der Hauptmann zu ihr. »Für junge Damen ist unter den gegenwärtigen Verhältnissen die gehörige Zurückgezogenheit außerordentlich räthlich.«

Die Sennorita that, als ob sie die in diesen Worten Liegende Beleidigung gar nicht herausgefühlt habe; sie ging ohne ein Wort zu erwidern. Den Deutschen aber verdroß diese Taktlosigkeit des Capitäns, obgleich er es für unter seiner Würde


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hielt, ein Wort über dieselbe zu verlieren. Er folgte dem Capitän vielmehr lautlos bis an dessen Zelt. Dort angekommen, öffnete der Hauptmann den Eingang.

»Tretet ein, Sennor!« sagte er.

Der Arzt folgte der Aufforderung, fühlte sich aber sofort von mehreren unsichtbaren Fäusten gepackt und niedergerissen. Er wollte um Hilfe rufen, kaum aber öffnete er den Mund, so wurde ihm ein zusammengeballtes Tuch in denselben geschoben. Dann band man ihn so, daß er sich nicht zu regen vermochte.

Hierauf wurde ein Licht angebrannt, bei dessen Schein er sah, daß sein College, gerade so gefesselt wie er, neben ihm lag. Vor ihnen stand der Capitän mit dem Oberlieutenant und einige Soldaten, welche bei dem hinterlistigen Ueberfalle mit thätig gewesen waren, standen sie so eben im Begriff, sich vor das Zelt zurückzuziehen.

Der Capitän verschlang die Arme über die Brust, warf einen höhnisch befriedigten Blick auf seine beiden Opfer und sagte:

»So, es ist gelungen. Euch werden wir schon unschädlich machen, für uns unschädlich und für die Mädchen!«

Da legte der Oberlieutenant ihm die Hand auf den Arm und sagte:

»Herr Capitän, überlegen wir es uns, wie dies am Sichersten und Schnellsten geschehen kann. Ich habe nämlich eine Idee.«

»Ah, welche?«

»Untersuchen wir die Habseligkeiten dieser beiden Monsieurs. Sie sind Deutsche. Man weiß, daß diese Herren Oesterreicher jetzt gegen uns Franzosen conspiriren. Dieser Erzherzog Max, welchen wir erst zum Kaiser gemacht haben, scheint dies vergessen zu wollen. Man muß vorsichtig sein und alle Maßregeln ergreifen, um sich gegen geheime Gefahren zu sichern.«

»Wie meinen Sie dies? Was hat dies mit dem gegenwärtigen Falle zu thun?«

»Sehr viel. Wenn wir unter den Effecten dieser Leute nun Etwas fänden, was uns Veranlassung gäbe - - hm!«

Da nickte der Capitän zustimmend mit dem Kopfe.

»Sie haben recht, Oberlieutenant,« sagte er. »Ich gebe diese Angelegenheit in Ihre Hände; aber beeilen Sie sich gefälligst; wir haben keine Zeit zu verlieren, da wir bereits morgen nach Fort Guadeloupe kommen werden. Untersuchen Sie die beiden Zelte genau; ich werde einstweilen hier bleiben, um unsere geehrten Gefangenen zu beaufsichtigen. Gehen Sie!«

Der Oberlieutenant ging und der Hauptmann blieb bei den beiden Männern zurück. Da er nicht sprach und die Zwei wegen ihrer Knebel nicht reden konnten, so herrschte in dem Zelte eine tiefe Stille, bis nach Verlauf einer halben Stunde der Premierlieutenant zurückkehrte. Er machte eine sehr befriedigte Miene.

»Nun, haben Sie gefunden?« fragte der Capitän.

»O, genug,« antwortete der Gefragte triumphirend.

»Was?«

»Zwei Briefe.«

»Bei wem?«

»Bei Jedem einen. Diese Herren hatten allerdings eine ganze Zahl von


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Correspondenzen bei sich; ich habe nur diejenigen beiden Schreiben fortgenommen, deren Inhalt hinreichend ist, sie um den Kopf zu bringen.«

»So geben Sie schnell her!« sagte der Capitän erfreut.

Er zog dem Oberlieutenant das eine Schreiben aus der Hand, öffnete dasselbe, trat damit zum Lichte und las:

      »Mein lieber Doctor.
Schicken Sie mir das Opiat; es wird hoffentlich den gewünschten Erfolg haben. - Uebrigens haben Sie hinsichtlich unserer letzten Unterredung vollständig recht. Bazaine spielt falsche Karten. Man muß ihm auf die Finger klopfen.
      Baron d'Huart.«

Er sah die Zeilen noch einmal durch, schüttelte leise den Kopf und fragte;

»Nun, Oberlieutenant, wie meinen Sie, daß dieses Schreiben compromittirend sei?«

»Ah, das ahnen Sie nicht?«

»Hm! Sprechen Sie!«

»Kennen Sie diesen Baron d'Huart nicht?«

»Nein.«

»Er ist Hauptmann und Ordonnanzoffizier Seiner Königlichen Hoheit des Grafen von Flandern.«

»Was geht uns das an? Was hat Flandern mit Mexico zu thun?«

»O, sehr viel, Herr Capitän!« sagte der Oberlieutenant im Tone der Ueberlegenheit.

»So erklären Sie es doch!«

»Nun, Graf von Flandern ist der jedesmalige Successor des Kronprinzen von Belgien. Es ist jetzt eine außerordentliche Belgische Gesandtschaft bei dem Kaiser Max. Kaiserin Charlotte, die frühere Erzherzogin, ist ja eine belgische Prinzessin. Nun wird Ihnen ja wohl Alles klar sein.«

»Allerdings,« nickte der Capitän. »Dieser Hauptmann Baron d'Huart ist also in nächster Nähe des Kaiserpaares in Mexiko?«

»Das versteht sich.«

»Er sagt, daß der Marschall falsche Karten spiele?«

»Wie Sie gelesen haben!«

»Und daß man ihm auf die Finger klopfen müsse.«

»Was jedenfalls so viel heißt, daß man Bazaine unschädlich machen müsse!«

»Natürlich!«

»Und dabei spricht der Baron von einem Opiate!«

»Donnerwetter, Lieutenant, jetzt erst wird mir klar, was Sie meinen!« rief der Capitän, sich die Hände reibend. »Ja, das ist wahr! Bei wem fanden Sie den Brief?«

»Bei Doctor Berthold.«

»Er soll also ein Opiat liefern, um den Marschall Bazaine zu vergiften!«

»Jedenfalls!«

»Ja, das ist doch so deutlich, daß es gar keines weiteren Beweises und also


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auch gar keines Verhöres bedarf! Meinen Sie nicht auch, Herr Oberlieutenant?«

»Ich bin ganz genau dieser Ansicht.«

»Nun gut, so geben Sie mir den andern Brief!«

Der Lieutenant reichte ihm das Schreiben hin. Es war auf ein sehr abgegriffenes Papier geschrieben und in spanischer Sprache abgefaßt. Dabei war die Schrift eine so eigenthümliche, daß der Offizier sich alle Mühe geben mußte, sie zu entziffern. Die Zeilen lauteten in deutscher Uebersetzung:

»Ich benachrichtige Sie, daß ich mit den Oesterreichern Frieden geschlossen habe, aber jeden Franzosen niederschießen werde.
                       Juan Franzisko,
      Herrscher der freien Cuatocomanchen.«

»Das klingt allerdings gefährlich,« sagte der Capitän. »Dieser Juan Franzisko ist unser grimmigster Feind.«

»Sein Brief zeigt,« sagte der Oberlieutenant, »daß wir von ihm und den Deutschen verrathen werden.«

»Bei wem fanden Sie die Zeilen?«

»Bei Doctor Willmann.«

»Er steht also mit diesem Menschen im Bunde!«

»Ohne allen Zweifel.«

»Ein todeswürdiges Verbrechen!«

»Und zwei so gefährliche Menschen haben wir in unserer eigenen Mitte. Man muß sie sofort unschädlich machen.«

»Hm! Ja! Wie?« meinte der Capitän im Tone des Bedenkens, obgleich er seinem Untergebenen vollständig beistimmte.

»Wir füsiliren sie!«

»Das sind wir unserer eigenen Sicherheit und dem Marschall schuldig. Aber sie sollen, obgleich sie den augenblicklichen Tod verdient haben, ein rechtmäßiges Urtheil empfangen. Gehen Sie, Oberlieutenant, und rufen Sie die Chargirten zusammen. Wir werden augenblicklich ein Kriegsgericht constituiren.«

Der Lieutenant ging und holte in aller Stille die Leute herbei. Der Capitän hielt an dieselben eine kurze Ansprache, verlas die Briefe und erklärte, daß solche Verbrechen unbedingt mit dem sofortigen Tode zu bestrafen seien.

»Wir befinden uns auf dem Marsche in Feindesland,« sagte er. »Formalitäten sind überflüssig, ja, vielleicht gefährlich. Im Kriege handelt man schneller als in Zeiten des Friedens. Ich fordere unbedingt sofortige Vollziehung des Urtheils, welches die Herren aussprechen werden. Wie lautet es?«

Die Untergebenen erriethen den Wunsch ihres Vorgesetzten und stimmten alle für den Tod der beiden Deutschen, zu vollziehen durch das Gewehr.

Nur ein Unteroffizier wagte zu fragen, ob es nicht gerathen sei, die Angeklagten vorher reden zu lassen.

»Pah, was sollen sie reden!« sagte der Capitän. »Ihre Schuld ist zur Evidenz erwiesen. Nehmen wir ihnen die Knebel fort, so heulen sie uns die Ohren voll. Das können wir vermeiden. Schlagt zwei Pfähle in die Erde und bindet sie daran, ganz so, wie sie sind, und ruft die Compagnie zusammen. Wir


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verkünden das Urtheil, und sechs Mann sind genug, es zu vollziehen, für Jeden drei.«

»Dann müssen wir die Feuer heller machen,« meinte der Oberlieutenant.

»Besorgen Sie das,« stimmte der Capitän zu.

In kürzester Zeit flammten die Feuer auf. Am Rande des Waldes wurden zwei Stämme abgeschnitten und zwischen den Lagerfeuern in die Erde geschlagen. Dann befestigte man die Gefangenen daran, und nun ertönte das laute Commando zum Antreten. In Zeit von zwei Minuten stand die ganze Compagnie in Reih und Glied, mit den Offizieren vor der Fronte.

Hierdurch war natürlich ein Lärm erregt worden, welcher die beiden Schwestern in ihrem Zelte aufmerksam machte. Sie traten aus demselben hervor.

»Was ist das?« fragte Pepi erstaunt.

»Die ganze Compagnie versammelt, mitten in der Nacht!« fügte Zilli hinzu.

»Und dort - - o Zilli, siehst Du?«

»Wo?«

»Zwischen den beiden Feuern!«

»Heiliger Gott, Doctor Willmann an einen Pfahl gebunden!«

»Und Doctor Berthold neben ihm! Was ist das?«

Die beiden Mädchen waren im ersten Augenblicke mehr erstaunt als erschrocken. Da aber erhob der Hauptmann seine Stimme, um Achtung zu commandiren.

»Sie sind gefangen!« sagte Pepi.

»Man hat sie von uns fortgelockt!« meinte Zilli.

»O, man will sie tödten, tödten aus Eifersucht unsertwegen! Ich leide es nicht, nein, ich leide es nicht! Komm, Zilli!«

Die beiden Mädchen eilten auf die Reihe der Soldaten zu. Sie hörten, was der Capitän mit lauter Stimme sprach; sie erfuhren, daß die beiden geliebten Männer wegen Einvernehmens mit dem Feinde und wegen Mordanschlag gegen den Marschall sofort erschossen werden sollten. Sie waren heißblütige, muthige Mexikanerinnen. Sie flogen mit wehenden Gewändern um den Flügelmann herum und auf die Offiziere zu.

»Das ist falsch! Sie sind unschuldig! Sie sind keine Verräther!« rief Pepi.

»Zurück mit Euch!« gebot der Capitän. »Hier ist kein Platz für Euch.«

»Gut, so gehen wir dahin, wo unser Platz ist!« sagte das muthige Mädchen. »Eure Kugeln sollen erst uns durchbohren, ehe sie die Unschuldigen treffen.«

Sie schritt auf die Gefangenen zu und stellte sich vor Berthold hin, während ihre Schwester Willmann mit ihrem Leibe deckte.

»Unsinn!« sagte der Capitän. »Corporal Gradon, nehmen Sie drei Mann und schaffen Sie die Mädchen fort!«

Der Corporal wollte gehorchen, doch als er in die Nähe der kühnen Mexikanerinnen kam, zogen sie ihre Dolche und Pepi drohte:

»Halt, bleibt stehen! Wer uns anrührt, muß sterben. Diese Klingen sind mit Curare vergiftet!«

Da machte der Corporal mit seinen drei Mann Halt und blickte den Hauptmann an, um dessen neuen Befehl zu erwarten.

Dieser befand sich in augenscheinlicher Verlegenheit. Er wollte Zilli nicht


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gewaltsam behandeln, aber auch keinen seiner Leute verlieren. Da riß ihn der Oberlieutenant aus der schwierigen Lage, indem er sagte:

»Das sind ganz verteufelte Kröten. Man darf ihnen nicht zu nahe kommen, und doch will man ihnen nicht wehe thun. Soll ich sie unschädlich machen, Capitän?«

»Ja. Aber wie?«

»Hm, wissen Sie nicht, daß ich mich in letzter Zeit geübt habe, Lasso zu werfen?«

»Ah, gut, schön; das ist prächtig! Haben Sie ein Lasso?«

»Ja, im Zelte.«

»Holen Sie es sogleich!«

Das nun that der Lieutenant nicht; er gab vielmehr seinem Diener einen Wink, welcher das Verlangte sogleich brachte. Der Lieutenant nahm den langen Riemen, wickelte ihn ziemlich kunstgerecht auf und schritt dann auf die Pfähle zu.

Es war ein eigenthümlicher Augenblick. Zwei Mädchen hielten eine ganze Compagnie Soldaten in Schach. Sie wußten, welche Furcht man vor dem Curare hat. Ungefähr zwölf Schritte von ihnen entfernt, blieb der Lieutenant halten und gebot:

»Geht fort, sonst werfe ich!«

»Versuchen Sie es!« antwortete Pepi trotzig.

Er machte Miene, zum Wurfe auszuholen, wurde aber durch eine fremde Stimme davon abgehalten, welche im kräftigen Basse Halt gebot. Er drehte sich augenblicklich um, und mit ihm sah die Compagnie einen Mann langsam vom Rande des Gebüsches her auf die Stelle zuschreiten, an welcher die Offiziere standen.

Dieser Mann war hoch und breit gebaut und die flackernden Reflexe der Feuer schienen seine Gestalt in das Gigantische verlängern zu wollen. Er blieb grad vor der Mitte der Fronte vor dem Hauptmanne stehen und grüßte:

»Guten Abend, meine Herren! Ich verbiete Ihnen, diese Damen zu beleidigen!«

Die Franzosen waren ganz erstaunt ob dieses Zwischenfalles. Die Gestalt und das gebieterische Verhalten dieses Mannes machte einen so verblüffenden Eindruck auf sie, daß erst nach einer Pause der Capitän fragte:

»Mensch, was wagen Sie? Wer sind Sie?«

Der Mann stützte den Kolben seiner Büchse auf die Erde und antwortete ruhig:

»Ein Jäger bin ich, Monsieur.«

»Ein Jäger? Und Sie treten hier als Gebieter auf?«

»Wie Sie sehen und hören! Die Damen stehen unter meinem Schutze.«

»Ah, woher kommen Sie?«

»Aus Fort Guadeloupe.«

»Donnerwetter! Und wohin wollen Sie?«

»Nur hierher zu Ihnen.«

Der Capitän war über diese Antwort ganz betreten. Er fragte:

»Hierher? Zu mir? Kennen Sie mich?«


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»Ja.«

»Und wußten Sie, daß ich hier zu treffen bin?«

»Sehr genau.«

»Woher?«

»Ich habe von Chihuahua aus Ihre Spur verfolgt und Sie seit dem Nachmittage hier beobachtet.«

Der Offizier befand sich beinahe in Verlegenheit, was er von dem Manne zu halten habe. Die Sicherheit und Ruhe desselben imponirte ihm. Die ganze Scenerie war vollständig dazu angethan, den Eindruck dieser plötzlichen Erscheinung zu verzehnfachen. Der Oberlieutenant sah die Bestürzung seines Vorgesetzten. Das Lasso noch in der Hand, trat er wieder näher, musterte den Fremden aufmerksam und fragte dann:

»Sie wußten, daß wir hier zu finden seien?«

»Ja,« nickte der Gefragte.

»Sie haben uns also gesucht?«

»Gewiß.«

»So sind Sie ein Bote?«

»Nein.«

»Aber, zum Teufel, was wollen Sie denn da hier?«

»Ihnen sagen, daß die vier Personen, welche dort an den beiden Pfählen stehen, sich unter meinem Schutze befinden.«

»Sie sind einfach verrückt! Ich werde Sie festnehmen lassen, um zu sehen, was wir von Ihnen zu halten haben. Geben Sie Ihre Büchse ab.«

Er streckte die Hand nach dem Gewehre aus, der Fremde aber trat einen Schritt zurück und antwortete:

»Sie erklären mich für wahnsinnig, weil ich, ein einzelner Jäger, es wage, der Vollstreckung eines ungerechten Urtheilsspruches mich zu widersetzen? Ah, wissen Sie, was hier im wilden Gebirge ein Jäger zu bedeuten hat? Sie haben zwei Unschuldige zum Tode verurtheilt; dafür werde ich mich als Richter aufwerfen und Sie selbst zum Tode verurtheilen. In fünf Minuten lebt von Ihnen allen kein Einziger mehr. Blut um Blut, das fordert das Gesetz der Savanne.«

Da erhielt der Capitän die Sprache wieder. Er zog seinen Degen, trat hart an den Fremden heran und sagte:

»Mensch, aus Ihnen spricht entweder wirklich der Wahnsinn, oder der Verrath. Geben Sie Ihre Waffen ab und sagen Sie, wer Sie sind und wie Sie heißen!«

»Die Waffe abgeben? Pah, das wollen Sie doch nicht etwa von mir verlangen! Die Kugel werden Sie bekommen, aber die Büchse nicht. Ich brauche Ihnen nur meinen Namen zu nennen, so werden Sie es mir glauben!«

Der Fremde stand so ruhig und stolz vor ihm, als ob er nur mit einem Schulknaben spräche. Dies entflammte den Capitän zur Wuth. Er gebot:

»Nun, so lassen Sie hören! Wie heißen Sie?«

»Man nennt mich den schwarzen Gérard.«

Diese Antwort brachte allerdings eine nicht geringe Wirkung hervor. Im ersten Augenblicke herrschte das tiefste Schweigen; im zweiten ging der Name die


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ganze Fronte hinab von Mund zu Munde; im dritten aber faßte der Capitän den Sprecher bei der Brust und rief:

»Der schwarze Gérard? Ah! Herbei, Ihr Leute! Er muß unser werden!«

Sofort löste sich die militärische Linie auf. Man sprang herbei, um den berühmten und gefürchteten Jäger zu umzingeln. Dieser jedoch schüttelte den Capitän leicht von sich ab und rief:

»Ich? Euer werden? Nein, nein, Ihr werdet unser!«

Er erhob die Büchse. Seine zwei Schüsse krachten. Der erste traf den Capitän und der zweite den Oberlieutenant durch den Kopf. Und in demselben Augenblicke erscholl rundum ein Geheul, vor dem die Erde zu erzittern schien. Der ganze Thalkessel wurde lebendig. Hunderte von wilden Gestalten warfen sich von allen Seiten auf die Franzosen, welche vor Schreck fast gar nicht an Gegenwehr dachten. Schüsse wurden fast gar nicht gewechselt. Der fürchterliche Tomahawk und das heimtückische Bowiemesser wüthete. Es war eine entsetzliche nächtliche Scene, bei welcher die Haare zu Berge steigen konnten.

Gérard war nach seinen beiden Schüssen an die Pfähle gesprungen. Während er sich um das blutige Handwerk der Apachen nicht im Geringsten kümmerte, schnitt er die beiden Gefangenen los und nahm ihnen die Fesseln und Knebeln ab. Als dies geschehen war, beruhigte er sie durch die Worte:

»Haben Sie keine Angst, Monsieurs! Die Rothhäute werden Ihnen nichts zu leide thun, denn Sie stehen unter meinem Schutze.«

»Auch wir?« fragte Zilli beim Anblick der dunklen Gestalten, welche Scalpe erntend über den Platz huschten.

»Auch Sie, Mademoiselle. Bleiben wir hier ruhig stehen, bis es zu Ende ist.«

»Mein Gott, welch ein Abend!« sagte Berthold. »Aber woher kommen diese Indianer?«

»Wir halten den Platz bereits seit der Dämmerung eingeschlossen.«

»Und es ist wahr, was Sie sagten? Sie sind der schwarze Gérard?«

»Ich bin es.«

»Aber warum lassen Sie dieses Morden zu?«

»Es ist Krieg, Monsieur, und meine Freunde wollen Scalpe haben.«

»So giebt es keinen Pardon?«

»Nein.«

»Entsetzlich! Getrauen Sie sich, dies zu verantworten?«

»Ja.«

Er sagte dies so ruhig und in einem so bestimmten Tone, daß der Andere schwieg. Die beiden Geretteten und die Mädchen sahen dem Morden zu, ohne ihm Einhalt thun zu können. Das Grauen lief ihnen eiskalt am Körper herab und die Todesschreie der Sterbenden erfüllten die Luft.

»Es ist unmöglich, länger zuzusehen,« sagte Zilli. »Ich falle um.«

»So kommen Sie,« meinte Gérard. »Ich werde Sie in Ihre Zelte bringen und Sie dort bewachen, denn auch Ihre Zelte werden unverletzlich sein.«

»Sie meinen die unserigen auch mit?« fragte Doctor Willmann.

»Natürlich!«

»So sage ich Ihnen großen Dank. Wir haben werthvolle Manuscripte und


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Instrumente bei uns, welche jetzt unersetzlich sein würden. Doch ja, die Mädchen haben recht. Dieses Blutvergießen ist geradezu fürchterlich. Lassen Sie uns die Zelte aufsuchen.«

Man sah noch jetzt beim Scheine des Lagerfeuers die Apachen in ihrer gräßlichen Beschäftigung. Die Franzosen waren vollständig überrumpelt worden und hatten sich fast widerstandslos hinschlachten lassen. Einer von ihnen kam auf fünf Indianer; so lag es klar auf der Hand, daß sie in Zeit von einigen Minuten überwältigt werden mußten. Sie fielen massenhaft, wie die Sperlinge vom Schrote. Die Apachen stritten sich um die Scalpe und wenn Einer von ihnen eine Kopfhaut erobert hatte, so schwang er sie triumphirend in der Luft und stieß dabei ein schrilles Siegesgeheul aus, welches Mark und Bein durchschnitt.

Durch diesen wilden Tumult hindurch führte Gérard seine Schützlinge, welche von den Rothen respectirt wurden, denn der Indianer hält sein Wort auf jeden Fall.

Mitten in der wüsten Scene stand hoch aufgerichtet Bärenauge. Er hatte nicht gekämpft, sondern die Feinde und deren Scalpe den Seinigen überlassen. Sein dunkles Auge überflog den ganzen Platz, nichts entging seinem Blicke und wenn sich ja einer der zum Tode verwundeten und bereits scalpirten Franzosen noch leise regte, so genügte ein einfacher Fingerzeig des Häuptlings, um über den Sterbenden das Beil des nächsten Apachen zu bringen.

Da erblickte er Gérard, welcher, auf seine Büchse gestützt, als Schutzwache bei den Zelten stand. Er schritt langsam auf ihn zu und sagte:

»Diese weißen Hunde sterben wie die Ratten. Das Herz eines Kriegers der Apachen hat mehr Muth, als sie alle.«

»Sie hätten sich gewehrt, aber sie sind ganz unvermuthet überfallen worden,« antwortete Gérard in gerechter Würdigung der Umstände. »Ich habe die beiden Anführer erschossen. Will mein rother Bruder ihre Scalpe haben?«

Da machte Bärenauge eine unbeschreiblich geringschätzige und abwehrende Armbewegung und sagte unter einem stolzen Kopfschütteln:

»Bärenauge nimmt nur die Scalpe Derer, welche er selbst erlegt hat.«

»Aber warum kämpft mein Bruder heute nicht? Warum holt er sich keinen Scalp?«

»Weil der Feinde zu wenige sind. Ich habe der Scalpe so viele, daß ich sie nicht in meine Hütte bringe. Meine Krieger sollen auch Kopfhäute haben!«

Das war eine Selbstlosigkeit, eine Rücksicht für die Seinen, welche man bei einem Indianer höchst selten treffen wird. Es war jedenfalls das beste Mittel, die Begeisterung für sich zu erwecken und zu erhöhen.

»Ein Weißer nimmt keine Scalpe,« meinte Gérard. »Was thue ich mit den beiden? Ich werde sie Deinen Leuten überlassen.«

Da schüttelte Bärenauge abermals den Kopf und antwortete:

»Ein Apache nimmt niemals einen Scalp geschenkt; er würde verachtet werden von allen tapfern Kriegern. Die beiden Anführer der Bleichgesichter mögen gefressen werden von den Geiern mit Haut und Haar. Ihre Kopfhaut ist wie diejenige des Prairiehundes. Kein Händler giebt einen Abschnitt seines Fingernagels dafür.«


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Die Apachen waren jetzt mit den Leichen fertig und machten sich über die Beute her, welche beim Scheine der Feuer herbei getragen und zur Vertheilung geordnet wurde.

Bärenauge sagte:

»Sie mögen Alles unter sich theilen; Bärenauge mag nichts davon. Er nimmt alle sieben Tage einem Weißen den Scalp, um den Tod seines Bruders Bärenherz zu rächen, der ein großer Mann war unter allen Häuptlingen der Indianer. Das ist ihm genug.«

Er schritt davon, um die Beutevertheilung zu überwachen, welche so ruhig ihren Verlauf nahm, als ob es sich um eine Preisvertheilung für irgend eine europäische Concurrenzarbeit handele.

Nach kurzer Zeit öffnete sich das Zelt Doctor Bertholds, welcher vorsichtig hervor und zu Gérard trat. Er war nicht etwa ein furchtsamer Character, aber das Blutbad hatte ihm die Haare vom Kopfe emporgezogen, obgleich ihm die Ermordeten nach dem Leben getrachtet hatten. Er erkundigte sich bei dem Jäger:

»Ist das Morden vorüber, Sennor?«

»Ja.«

»So bin ich mit meinem Freunde vollständig sicher?«

»Ja. Ihr wart es bereits schon vorher, denn ich hatte Euch mir ausgebeten.«

»Sie stehen mit diesen Wilden auf dem Fuße der Freundschaft?«

»Pah, nennen Sie diese Leute nicht wild. Sie vertheidigen ihr rechtmäßiges Vaterland, ihr Eigenthum mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln. Da nennt man sie wild und Barbaren. Ich bin kein Gelehrter und auch kein Politikus, aber ich habe vielleicht mehr gesehen und erfahren als alle die Herren, welche aus den rothen Männern Barbaren machen. Es ist nichts Neues, daß Gewalt vor Recht geht.«

»Leider!«

»Und der Fluch unserer Zeit ist, daß wir unser Unrecht in ein heuchlerisches Gewebe von Recht zu kleiden suchen. Wir rühmen uns, die auserlesenen Werkzeuge des göttlichen Willens und höherer Zwecke zu sein, aber sehr mit Unrecht.«

»Ich ahne, was Sie sagen wollen. Ein sogenannter »Halbwilder« characterisirte die moderne Eroberungsseuche sehr schlagend mit dem Satze: »Erst sendet Ihr einen Missionär, um zu sehen, was wir machen; dann schickt Ihr einen Consul, um zu sehen, was der Missionär macht, und endlich sendet Ihr eine Armee, um zu sehen, was der Consul macht.« Vielleicht hatte der Mann recht.«

»Vielleicht? Nein, sondern jedenfalls. Diese Indianer waren Besitzer des Landes. Man hat es ihnen gestohlen und geraubt. Jetzt vertheidigen sie den letzten Fetzen, den sie noch besitzen. Es handelt sich um Sein oder Nichtsein. Sie sind die besten Kerls, welche ich kenne, aber selbst der beste Kerl schlägt zu, wenn man ihm eine Ohrfeige giebt, oder ihm die Uhr aus der Tasche zieht.«

»Zu welchem Stamme gehören sie?«

»Sie sind zwei Apachen.«

»Und ihr Häuptling, den ich dort so stolz stehen sehe?«

»Es ist Bärenauge, ein noch junger Krieger, aber bereits ebenso geachtet und berühmt, wie der älteste, weiseste und erfahrenste Indianerhäuptling. Sie stehen,


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wie ich Ihnen bereits versicherte, unter meinem Schutze, und er wird infolge dessen Ihr Freund sein und Sie nach besten Kräften beschützen.«

»Aber, Sennor, wie kommt es, daß Sie sich grad unser so nachhaltig annehmen?«

»Das ist sehr einfach. Ich habe heute Abend das Lager belauscht. Ich lag mitten unter den Franzosen hinter den Zelten und habe da einige Unterredungen gehört. Ich erfuhr, daß man sich Ihrer entledigen wollte; ich erfuhr, daß Sie Deutsche sind; ich liebe die Deutschen, und so beschloß ich, Sie zu retten.«

»Ich danke Ihnen! Was werden die Apachen über uns beschließen?«

»Nichts. Sie sind frei und können thun, was Ihnen beliebt.«

»So möchte ich am Liebsten zurückkehren.«

»Allein? Durch die Berge und die Prairie?«

»Was bleibt uns Anderes übrig? Ist die Gegend so unsicher?«

»Jetzt jedenfalls. Ich darf Ihnen vielleicht sagen, daß es in nächster Zeit hier herum sehr viele Kämpfe geben wird, und kann Ihnen darum nur Eins rathen.«

»Was?«

»Wir werden morgen früh nach Fort Guadeloupe reiten. Schließen Sie sich uns an. Dort sind Sie sicher und können warten, bis der Weg wieder offen und sicher ist.«

»Wir sind in der Nähe des Forts?«

»Ganz nahe.«

»So werden wir Ihren Rath jedenfalls befolgen.«

»Daran thun Sie sehr recht. Aber erlauben Sie mir eine Erkundigung.«

»Sehr gern.«

»War der Capitain, welchen ich erschoß, als Sie am Pfahle standen, wirklich der Hauptmann der vernichteten Compagnie?«

»Nein. Der eigentliche Commandeur befindet sich bereits in Fort Guadeloupe. Er wird sehr erschrecken, wenn er hört, daß alle seine Leute todt sind.«

»Er wird nicht erschrecken, denn auch er ist bereits todt.«

»Ah! Er wurde getödtet?«

»Ja.«

»Von wem?«

»Von mir. Eine Kugel aus dieser Büchse streckte ihn nieder.«

Der Doctor sah in Gérard einen Helden, aber dennoch schreckte er zurück.

»Sennor,« sagte er, »man hat mir nicht zu viel gesagt. Sie sind wirklich ein furchtbarer Gegner.«

»Aber meinen Freunden ein ebenso aufopfernder Freund. Doch sehen Sie, daß es sich die Rothen jetzt bequem machen! Sie dämpfen die Lagerfeuer und stellen Wachen aus. Sie werden hier mitten unter Scalpirten ebenso ruhig schlafen wie daheim in ihren Wigwams. Auch Sie können ohne Sorgen der Ruhe pflegen, denn es wird Ihnen kein Haar Ihres Hauptes gekrümmt werden.«

»So werde ich diese beruhigende Botschaft den beiden Damen bringen.«

»Thun Sie das. Aber sagen Sie, waren nicht noch mehrere Damen im Lager?«


// 1535 //

»Noch drei.«

»Wo sind sie?«

»Ich weiß es nicht. Vielleicht wurden sie getödtet.«

»Möglich; vielleicht aber sind sie auch entflohen. Gute Nacht. Ich werde nachsehen.«

»Gute Nacht!«

Nach diesem Gruße begab Berthold sich nach dem Frauenzelte. Als er den Eingang desselben öffnete, wurde er von Pepi erkannt. Sie trat zu ihm heraus.

Er ergriff ihre Hand, drückte dieselbe freundlich und sagte:

»Sennorita, ich habe Sie verkannt.«

Sie schwieg; aber seine Worte thaten ihr unendlich wohl.

»Ich habe Ihnen sehr viel zu danken,« fuhr er fort.

»Das denken Sie ja nur,« flüsterte sie zagend.

»O nein; denn hätten Sie sich nicht unserer so muthig angenommen, so hätten die Indianer wohl nicht Zeit gehabt, noch im rechten Augenblick heranzukommen.«

»Sie täuschen sich, Sennor! Diese Indianer haben uns jedenfalls bereits seit Anfang des Abends umzingelt und nur den passenden Augenblick abgewartet. Was aber wird nun mit uns geschehen?«

»Wir sind frei.«

»Wirklich?« fragte sie im ungläubigen Tone.

»Ja. Der schwarze Gérard hat mir die Versicherung gegeben. Morgen reiten wir nach Fort Guadeloupe, um dort zu bleiben, bis der Rückweg sicher ist.«

»Sie?«

»Ja, und Sie natürlich mit. Aber sagen Sie, was Sie gethan hätten, wenn das Lasso dieses Oberlieutenants Sie wirklich getroffen hätte? Sie wären von demselben ja umschlungen und niedergerissen worden.«

Sie stieß ein kurzes, metallisches Lachen aus.

»Sie sind kein Mexikaner, Sennor!« sagte sie.

»Allerdings nicht.«

»Sonst wüßten Sie, daß man kein Lasso zu fürchten braucht, wenn man auf dasselbe vorbereitet ist und einen Dolch oder ein Messer in der Hand hält.«

»Aber das Lasso soll doch eine höchst schlimme Waffe sein!«

»In der Hand eines Franzosen? Nein. In der Hand eines Mexikaners aber? Ja. Und selbst in diesem Falle braucht man nicht zu verzagen. Hat man ein gutes Messer, so ist der Riemen durchschnitten, ehe er sich zusammenziehen kann. Uebrigens stand ja meine Schwester bei mir. Wäre die Eine getroffen worden, so hätte die Andere das Lasso durchschnitten. Und wehe Dem, der sich in unsere Nähe gewagt hätte!«

»Sie hätten sich wirklich mit dem Dolche vertheidigt?«

»Das versteht sich!«

»Und er ist factisch mit Curare vergiftet?«

»Ja. Der kleinste Hautriß ist tödtlich, und zwar binnen einer Minute.«

»Alle Wetter, was seid Ihr Mexikanerinnen für gefährliche Frauen!«

»O, Sennor, in der Liebe nicht, aber im Hasse und in der Rache.«


// 1536 //

»Auch in der Liebe!«

»Wieso?«

»Ihr erzwingt sie Euch.«

»Das bezweifle ich,« sagte sie leise und beinahe traurig.

Er trat ihr einen halben Schritt näher und fragte:

»Muß man nicht eine junge Dame lieben, welche sich so furchtlos bereit erklärt, Einen gegen eine ganze Compagnie Soldaten zu vertheidigen?«

Sie schwieg und erst nach einer Weile klang es wie fragend:

»Aber jene Sängerin?«

»Fast habe ich sie vergessen.«

»Mit der köstlichen Altstimme!«

»O, Sennorita, Euer Organ klingt dem ihrigen so ganz ähnlich, so voll und tief, so sonor, daß ich glaube, Euer Gesang müsse dem ihrigen ganz ähnlich sein.«

»Ah, Sennor, so ein Benedictus qui venit werde ich nie fertig bringen.«

»Es gilt ja nur den Versuch!«

»Aber sie war ja eine Grafentochter!«

»Die Tugend und die Liebe haben gleichen Werth, ob sie im Herzen einer Vornehmen oder Armen wohnen. Ich suche nicht Reichthum, ich suche nur Liebe und - Tugend.«

»Und diese Sängerin war tugendhaft?«

»Ich weiß es nicht.«

»Aber ich, Sennor?«

»Schweigt, Sennorita! Ich fühle, daß ich Euch vielleicht lieben könnte, und da will ich mir diesen Augenblick nicht mit Grillen verderben.«

Er bog sich nieder, um den Arm um sie zu legen. Sie aber entschlüpfte ihm.

»Wartet, bis Ihr an mich glaubt, Sennor!«

Mit diesen Worten zog sie auch noch ihre Hand aus der seinigen und verschwand hinter dem Thürvorhange ihres Zeltes. Er blieb in tiefen Gedanken stehen.

»Ein unbegreifliches Wesen!« dachte er. »Sie ist jener herrlichen Sängerin so außerordentlich ähnlich, sie ist ebenso schön, vielleicht noch schöner, denn ich sah die Erstere nur vom Chore herabblicken, so daß ich nur den Kopf erkannte. Aber - hm, sie ist eine Grisette? Warum folgt sie mir? Warum stellt sie ihre weibliche Tugend auf das Spiel, eines Mannes wegen, der ihr unbekannt ist? Dies stößt mich ab, und doch ist sie so schön, so glühend, so muthig, daß ich sie immer und immer wieder umarmen möchte. O, diese Mexikanerinnen, wer kann aus ihnen klug werden!«

Er kehrte nach seinem Zelte zurück. Da mußte er bei demjenigen seines Collegen vorüber. Dieser stand grad im Begriff, dasselbe zu verlassen, und erkannte ihn.

»Ah, Berthold, Du?« sagte er. »Wie steht es?«

»Alles gut. Diese Apachen sind unsere Freunde und morgen reiten wir mit ihnen nach Fort Guadeloupe, um abzuwarten, wann wir sicher zurückkehren können.«

»Welch ein Glück! Dem Tode so nahe und doch gerettet!«

»Das haben wir diesem schwarzen Gérard zu verdanken.«


Ende der vierundsechzigsten Lieferung - Fortsetzung folgt.



Karl May: Waldröschen

Karl May – Forschung und Werk