Wolfgang Hallmann
  

Die ›Rote Mühle‹

   

Bereits 1697 ließ der Kauf- und Handelsherr Johann Simon, der Gründer von Ernstthal, die ›Rote Mühle‹ erbauen und erschlich sich das Wasserrecht für das Abwasser der Stadtmühlen unter dem Vorwand, eine Schmelzhütte und ein Pochwerk errichten zu wollen. 1707 gehörte die Mühle dem Schwiegersohn von Simon, Johann Christian Gottschall, in dessen Besitz sie wahrscheinlich als Mitgift gelangte. 1710 soll sie in etwa die heutige Gestalt erhalten haben. 16 Müller bewirtschafteten sie seither. Weit über zwei Jahrhunderte ausschließlich vom oberschlächtigen Wasserrad getrieben, erhielt sie 1916 einen Gasmotor zur Unterstützung. 1940 wurde das Wasserrad gänzlich außer Betrieb genommen und der Gas- gegen einen Elektromotor ausgetauscht, der die 1885 neu eingebaute, meist hölzerne Maschinerie bis 1986 in Bewegung setzte. Der letzte Müller, Karl Otto Uhlig, hatte bis wenige Tage vor seinem Tod als Dienstleistung Getreide geschrotet, das letzte gemahlene Mehl hatte die Mühle 1955 verlassen. Die Rote Mühle war seit 1858 über drei Generationen im Besitz der Familie Uhlig. Zunächst, von 1858 bis 1883, betrieb sie Carl Heinrich Uhlig. Dann übernahm sie Karl Otto Uhlig sen., und ab 1932 wurde sie von seinem Sohn Karl Otto Uhlig weitergeführt, der noch der Stellmacherei nachging. Spätestens 1941 kamen Gedanken auf, die Mühle unter Denkmalschutz zu stellen. In ihrer nahezu ursprünglichen Erhaltung und Lage verkörperte sie aus technischer, baulicher, landschaftlicher Sicht und nicht zuletzt wegen des Bezuges zu Karl May ein wertvolles Objekt der Denkmalpflege. Deshalb wurde sie trotz starker baulicher Schäden von Fachexperten der Technikgeschichte für denkmalswert befunden und mit dem 18. März 1986 unter Denkmalschutz gestellt. Dringend notwendige Erhaltungsmaßnahmen wurden nicht durchgeführt, die Mühle verfiel. Eine umfassende Rekonstruktion ist leider nicht in Sicht.
 

Rote Mühle 2020

Die ›Rote Mühle‹ im August 2020.

  
Karl May erwähnt die ›Rote Mühle‹ in seiner Autobiografie ›Mein Leben und Streben‹, S. 39f.:

»Wir gingen nach der ›roten Mühle‹ und ließen uns einige Handvoll Beutelstaub und Spelzenabfall schenken, um irgend etwas Nahrungsmittelähnliches daraus zu machen. Wir pflückten von den Schutthaufen Melde, von den Rainen Otterzungen und von den Zäunen wilden Lattich, um das zu kochen und mit ihm den Magen zu füllen. Die Blätter der Melde fühlen sich fettig an. Das ergab beim Kochen zwei oder drei kleine Fettäuglein, die auf dem Wasser schwammen. Wie nahrhaft und wie delikat uns das erschien!«
  

Rote Mühle in den 1930er Jahren

Die ›Rote Mühle‹ in den 1930er Jahren.

    
Literarisch verewigte Karl May die ›Rote Mühle‹ in der zweiten Abteilung seines Kolportageromans ›Der verlorne Sohn oder Der Fürst des Elends‹ (in der Bearbeitung des Karl-May-Verlags ›Das Buschgespenst‹). Dort gab er allerdings der ›Roten Mühle‹ die  äußere und innere Gestalt der ›Klausmühle‹, die sich einige huntert Meter westlich befindet.
 

Ekkehard Bartsch

Der Karl May-Forscher Ekkehard Bartsch in der ›Roten Mühle‹ im September 2006.

    


 

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